13.12.2017: Forschung international

Perspektiven für den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit von Praxis und Forschung im Naturschutz

Conservation de la nature : perspectives pour le partage de connaissances et la coopération entre la pratique et la recherche



Farwig et al.

Trotz vieler Anstrengungen ist der Wissensaustausch zwischen Wissensproduzenten, Wissensnutzern und Entscheidungsträgern noch immer ungenügend. Dies kann dazu führen, dass Massnahmen zur Förderung der Biodiversität zu wenig Wirkung zeigen. Die Autoren dieser Studie analysieren die Gründe für den mangelhaften Austausch und schlagen verschiedene Stossrichtungen vor, um den Graben zwischen Wissenschaft und Praxis zu überbrücken.

Malgré les nombreux efforts, l’échange de savoir entre les producteurs de savoir, les utilisateurs de savoir et les preneurs de décisions est toujours insuffisant. Cela peut avoir comme conséquences que les mesures pour promouvoir la biodiversité n’ont pas d’effets suffisants. Les auteurs de cette étude analyses les causes à la base du manque d’échange et proposent diverses propositions concrètes pour combler le fossé entre les sciences et la pratique.


Folgende Aspekte führen gemäss verschiedenen Studien dazu, dass der Wissensaustausch zwischen Wissensproduzenten, Wissensnutzern und Entscheidungsträgern mangelhaft ist:
- Kulturelle Unterschiede zwischen WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen; z.B., interessieren sich WissenschaftlerInnen oft mehr für konzeptionelle Fragestellungen und kommen damit nicht dem Bedarf der PraktikerInnen nach.
- Persönliche Vorstellungen können aufgrund der eigenen Interpretation von Sachverhalten den Wissensaustausch behindern. Dies kann insbesondere bei populären Naturschutzpraktiken der Fall sein, wenn vorgefasste Meinungen ein evidenzbasiertes Vorgehen verhindern.
- Geringe akademische Anerkennung der WissenschaftlerInnen durch Universitäten und Forschungsinstitutionen für die Mitwirkung in umsetzungsorientierten Projekten; ebenso Zeitmangel oder fehlende finanzielle Mittel für Gemeinschaftsprojekte von Forschung und Praxis.
- Begrenzter Zugang zu internationaler wissenschaftlicher Literatur für die PraktikerInnen; sei es aus finanziellen oder sprachlichen Gründen oder dass die relevante Information in vielen Einzelstudien verstreut vorhanden ist.
- Finanzierungsmechanismen in der Wissenschaft unterstützen oft nur Kurzzeitprojekte, welche die Umsetzung und Evaluation von Naturschutzmassnahmen nicht beinhalten.

So fehlt eine integrative Umgebung, um Interaktionen zwischen «Wissensproduzenten» und «Wissensnutzern» zu stimulieren.

Um den Austausch von Wissen zwischen Wissenschaft und Praxis zu verbessern, kommen mehrere Stossrichtungen in Frage:
- Erarbeitung von systematischen Literaturzusammenstellungen. Dabei müssen die Informationen zielgruppenspezifisch aufbereitet und kommuniziert werden.
- Durchführung von Transferprojekten. Die Wahrscheinlichkeit, dass wissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt werden, steigt, wenn diese in partizipativen Ansätzen erarbeitet werden. Transferprojekte vermitteln einerseits aktuelles Wissen an PraktikerInnen, bringen andererseits die dringendsten Fragen der PraktikerInnen hervor. Deshalb sollte die Co-Produktion von Wissen zwischen Praxis und Wissenschaft bei der Forschungsfinanzierung ausgeweitet werden, so dass auch der Wissensaustausch und die Umsetzung abgedeckt werden.
- Etablierung von Austauschforen, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis und die Kommunikation zu fördern, wie z.B dem Forum Biodiversität Schweiz
- Etablierung von Plattformen zur Synthetisierung und Verbreitung von Informationen.
- Einsatz von Wissensvermittlern. Solche sind oft bei Forschungsinstitutionen angegliedert und vereinfachen den Wissensaustausch.
- Bildung von unabhängigen Schnittstellen-Institutionen, die einen Überblick der Wissensverbreitung haben und ein gemeinsames Verständnis von Wissenschaft und Praxis fördern. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Ansätzen handelt es sich dabei um eigenständige Institutionen. Diese Schnittstellen-Institutionen haben auch die Aufgabe, Wissensvermittler mit Synthesezentren in Kontakt zu bringen und Wissen über verschiedene Sektoren hinweg zu integrieren.

Keywords:
Wissensaustausch; Kommunikation; Wissenschaft; Praxis; Herausforderungen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Farwig et al. (2017): Bridging science and practice in conservation: Deficits and challenges from a research perspective. Basic and Applied Ecology 24, 1-8.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1439179117300816

Publikation / publication (pdf)

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Bruno Baur
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz (NLU)
Professur für Naturschutzbiologie St. Johanns-Vorstadt 10
CH-4056 Basel
bruno.baur@unibas.ch
Tel: +41 (0)61 267 08 29


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