15.6.2017: Forschung international

Wie verändert der Verlust von Arten die Ökosysteme?

Comment la perte en espèces modifie les écosystèmes?



In Deutschland wurde das iDiv-Ecotron als eine zentrale Versuchsplattform des DFG-Forschungszentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Betrieb genommen. Mit der in ihrer Art einmaligen Anlage wollen Forscher die Folgen des Artenschwundes besser verstehen. Was passiert zum Beispiel, wenn einzelne Arten in grossen Nahrungsnetzen verschwinden? Kann ihre Funktion von anderen Arten übernommen werden? Und wie viele Verluste vertragen Ökosysteme? In 24 Versuchskammern können die Wissenschaftler künftig unter kontrollierten Bedingungen die Wechselwirkungen der Nahrungskette zwischen Pflanzen, Tieren, Mikroben und Boden untersuchen und wichtige Antworten liefern.

En Allemagne, le iDiv-Ecotron, une plate-forme d’essai capitale pour le centre de recherche iDiv (Forschungszentrum für intergrative Biodiversitätsforschung) a été mise en service. Avec cette installation unique en son genre, les chercheurs souhaitent mieux comprendre les conséquences de la diminution des espèces. Que se passe-t-il par exemple quand certaines espèces disparaissent de la chaîne alimentaire? Est-ce que d’autres espèces peuvent assurer leurs fonctions ? Et combien de perte les écosystèmes supportent-ils ? A l’avenir, les chercheurs pourront étudier les interactions au sein de la chaîne alimentaire entre plantes, animaux, microorganismes et sol dans des conditions contrôlées et fournir des réponses importantes.


Durch den Artenschwund verliert die Menschheit biologische Vielfalt. Schätzungen zufolge sterben allein bei den wirbellosen Tieren jeden Tag zahlreiche Arten aus. Was bedeutet dies für das Funktionieren von Ökosystemen? Klar ist: Eine hohe Artenvielfalt wirkt sich positiv auf zahlreiche Funktionen von Ökosystemen aus. So erhöht zum Beispiel eine grosse Zahl von Pflanzenarten die Produktion von Biomasse wie Heu und Holz oder die Speicherung von klimawirksamem Kohlenstoff im Boden. Das zeigen Experimente von verschiedenen Forschungsplattformen wie dem Jena-Experiment oder den Biodiversitätsexploratorien der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Wenig bekannt ist jedoch die Rolle von kleinen Pflanzenfressern (z.B. Schnecken oder Raupen), Räubern (z.B. Marienkäfer oder Spinnen) oder unterirdisch lebenden Tieren (z.B. Regenwürmer oder Fadenwürmer) und Mikroorganismen (z.B. Bakterien oder Pilze). Man weiss, dass diese Lebewesen eine wichtige Rolle im Nahrungsnetz spielen und zahlreiche Funktionen von Ökosystemen positiv beeinflussen. Bestäuber wie Bienen und Hummeln zum Beispiel sind unverzichtbar für die Vermehrung zahlreicher Pflanzenarten. Andere Insekten wie Ameisen helfen Pflanzen bei der Verbreitung ihrer Samen. Zersetzer wie Regenwürmer und Bodenmikroorganismen recyceln Nährstoffe für Pflanzen. Doch solche Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Arten wurden bisher nur in Einzelfällen näher untersucht.
Dies wollen Forscher mit der neuen Forschungsplattform ändern. Das iDiv-Ecotron soll dabei helfen, herauszufinden, welche Auswirkungen das Verschwinden von Arten an verschiedenen Stellen der Nahrungsnetze auf das Funktionieren von Ökosystemen hat. Diese biologische Grundlagenforschung hat weitreichende ökonomische Relevanz: Funktionierende Ökosysteme sind die Basis für eine Reihe von so genannten Ökosystemleistungen wie die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser, Nahrungsmitteln oder Energieträgern, die die Natur den Menschen zur Verfügung stellt. So schätzen UFZ-Wissenschaftler den weltweiten ökonomischen Nutzen, den Insekten durch die Bestäubung von Kulturpflanzen in der Landwirtschaft schaffen, auf etwa 150 Milliarden Euro pro Jahr. Für andere Tiere oder die Mikroorganismen sind solche Schätzungen bisher noch sehr schwer möglich.
Sind viele Arten vorhanden, dann hat das positive Effekte auf die Ökosysteme. Was geschieht aber, wenn einzelne Arten in grossen Nahrungsnetzen verschwinden? Kann ihre Funktion von anderen Arten übernommen werden? Wie viele Verluste vertragen Ökosysteme? In den iDiv-Ecotron-Kammern wird das Nahrungsnetz in all seiner Komplexität unter die Lupe genommen. Dazu können die Forscher in den geschlossenen Systemen bestimmte Tier- und Pflanzenarten austauschen oder ganz entfernen. So können sie beispielsweise das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten oberhalb und im Boden untersuchen. Ähnlich einer Klimakammer, in der das wärmere Klima der Zukunft simuliert wird, ermöglicht das iDiv-Ecotron einen Ausblick auf eine künftige Welt mit weniger Arten.

Quelle: iDiv

Keywords:
Nahrungsnetze, Wechselwirkungen, Ökosystemleistungen, iDiv-Ecotron, Experiment


https://www.idiv.de/de/news/news_single_view/news_article/how-does-the.html
https://www.idiv.de/de/forschung/plattformen_und_netzwerke/idiv_ecotron.html
https://www.ufz.de/index.php?de=39922

Kontaktadresse:
Dr. Manfred Türke
Wissenschaftlicher Koordinator iDiv-Ecotron
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig & Universität Leipzig
Deutscher Platz 5e
D-04103 Leipzig

manfred.tuerke@idiv.de


Zurück zur Liste