12.1.2017: Forschung international

Pilzmycelien begünstigen den horizontalen Gentransfer zwischen Bodenbakterien

Les hyphes de champignons favorisent le transfert génétique horizontal entre bactéries du sol



Tom Berthold et al.

Bodenbakterien nutzen die weitverzweigten fädigen Strukturen von Pilzen, um sich auf ihnen fortzubewegen und zu neuen Nahrungsquellen zu gelangen. Forscher konnten nun zeigen, dass diese sogenannten Pilz-Hyphen auch den horizontalen Gentransfer zwischen Bakterien begünstigen. Auf diese Weise begünstigen Pilze die genetische Vielfalt und Anpassung von Bodenbakterien.

Les bactéries du sol utilisent les structures filamenteuses très ramifiées des champignons pour se déplacer et atteindre de nouvelles sources de nourriture. Des chercheurs ont montré que ces hyphes fongiques sont également un hotspot pour le transfert horizontal de gènes entre bactéries. Ainsi, les champignons favorisent la diversité génétique et la capacité d’adaptation des bactéries du sol.


Für Bakterien ist der Lebensraum Boden ein ziemlich unwegsames Gelände: Trockene Bereiche und Luftporen stellen für sie unüberwindbare Hindernisse dar. Um sich fortzubewegen, benötigen sie einen Flüssigkeitsfilm in dem sie schwimmen können. Grosse Ansprüche stellen sie dabei nicht. Schon die umgebende Schleimschicht von Pilz-Hyphen ist für ihre Fortbewegung bereits ausreichend – und wird genutzt. Dabei bietet das Pilznetzwerk (Myzel) den Bakterien auch eine hervorragende Infrastruktur: So schlängeln sich durch nur ein Gramm Waldboden mehrere hundert Meter Pilz-Hyphen. Pilz-Hyphen sind für die Bakterien wie eine Art Autobahn, auf der sie schnell und ohne Umwege zu ihren Nahrungsquellen gelangen.
Da auf der Pilzautobahn oft reger Verkehr herrscht, kommen die Bakterien auch in engen Kontakt miteinander und tauschen dabei Genmaterial aus. Je nachdem welche Gene sie durch den Genaustausch erhalten, können sie sich an neue Umweltbedingungen anpassen oder Nahrungsquellen erschliessen, die bislang für sie nicht nutzbar waren. Das können beispielsweise auch die in Erdöl und Benzin vorhandenen Schadstoffe Toluol oder Benzol sein, die für Bakterien mit der passenden genetischen Ausstattung nicht schädlich, sondern im Gegenteil besonders schmackhaft sind. Für den Abbau von Bodenschadstoffen kann die Weitergabe dieser Fähigkeit an weitere Bakteriengruppen also von grossem Vorteil sein.
In ihren Untersuchungen haben die Forscher weiterhin zeigen können, dass auf der Pilzautobahn ein deutlich höherer Gentransfer zwischen Bakterien stattfindet, als in einem feuchten Milieu ohne Pilz-Hyphen. Mit Computermodellen, die die Häufigkeit des Gentransfers zwischen den Bakterien entlang der Hyphen berechnen, kamen die Wissenschaftler zu demselben Ergebnis.
Pilze spielen im hochkomplexen Lebensraum Boden also eine sehr wichtige Rolle: Bei der Verbreitung von Bakterien, ihrer genetischen Anpassung und Vielfalt und letztlich auch der Evolution von Bodenbakterien. Womöglich hat im Verlauf der Erdgeschichte die bakterielle Vielfalt mit der Entwicklung myzelbildender Pilze stark zugenommen. Und was den Abbau von Schadstoffen angeht vermuten die Forscher, dass Böden mit hohem Pilzvorkommen wahrscheinlich besser gerüstet sind als Böden mit nur geringem Pilzanteil. Denn über die Pilzautobahn sind schadstoffabbauende Bakterien schneller an Ort und Stelle und via Gentransfer ist womöglich auch schon Verstärkung auf dem Weg.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

Keywords:
Bakterien; Pilze; Gentransfer; Boden; Ökosystemleistungen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Berthold T. et al. (2016): Mycelia as a focal point for horizontal gene transfer among soil Bacteria. Scientific Reports. DOI:10.1038/srep36390
http://dx.doi.org/10.1038/srep36390

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Kontaktadresse:
Lukas Y. Wick
Helmholtz Centre for Environmental Research - UFZ, Department of Environmental Microbiology, Permoserstraße 15
D-04318, Leipzig
lukas.wick@ufz.de
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