24.10.2016: Forschung CH

Einflüsse der Wölfe auf die Waldverjüngung

Influence des loups sur le rajeunissement de la forêt



Andrea Kupferschmied, Kurt Bollmann

Dieser Übersichtsartikel fast die Resultate von Studien aus Europa und Nordamerika zusammen, welche die Beziehungen zwischen Wolf, wildlebenden Huftieren und dem Wald beschrieben haben, und leitet Folgerungen für die Schweiz ab. Die Resultate zeigen, dass die Wechselwirkungen zwischen Grossraubtieren, grossen Pflanzenfressern und dem Wald komplex und vielschichtig sind – auch weil der Wald Mitteleuropas waldbaulich und jagdlich stark beeinflusst ist. Dies begrenzt die trophische Kaskadenwirkung von Grossraubtieren auf den Wald.

Cet article synthétise les résultats d’études en Europe et en Amérique du Nord décrivant les relations entre loups, ongulés sauvages et forêt et en tire des conclusions pour la Suisse. Les résultats montrent que les interactions entre les grands prédateurs, les grands herbivores et la forêt sont complexes et multiples – entre autre parce que la forêt en Europe centrale est fortement influencée par la sylviculture et la chasse. Ceci limite l’effet de cascade trophique des grands prédateurs sur la forêt.


Der Wolf kehrt zurzeit in sein angestammtes Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa zurück. Als Grossraubtier wird er dort die Wechselwirkungen zwischen den Organismen verändern. Sein Einfluss auf wildlebende Huftierarten und die Vegetation ist vielfältig: Einerseits haben Wölfe als Beutegreifer einen direkten, numerischen Einfluss auf den Bestand und die Demografie ihrer Beutetiere (wie Gämse, Reh und Rothirsch), andererseits sind auch indirekte, funktionelle Einflüsse nachgewiesen, die von Verhaltensänderungen der Huftiere herrühren.
In einer ersten Phase der Wiederbesiedlung mit wenig Wölfen dürften die indirekten Effekte wie veränderte Raum- und Ressourcennutzung dominieren, weil die Huftiere versuchen, die Prädation zu vermeiden. Später, in Phasen mit grösseren Wolfsdichten, dürften auch direkte Effekte, die zu einer Reduktion der Huftierdichten führen, an Bedeutung zunehmen. Diese Wechselwirkungen zwischen Räuber und Beutetieren haben auch einen Einfluss auf den Verbiss an der Waldverjüngung.
Weil die räumliche und zeitliche Nutzung des Lebensraums der Beutetiere von der Verbreitung und Häufigkeit der Grossraubtiere abhängig ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass generell weniger Verbiss an Gehölzpflanzen auftreten wird. Wildlebende Huftiere könnten sich vermehrt in Deckung aufhalten, sich in steileres und felsigeres Gelände zurückziehen oder die Nähe zu menschlichen Siedlungen suchen. Dies zeigt, dass die Wechselwirkungen zwischen Grossraubtieren, grossen Pflanzenfressern und dem Wald komplex und vielschichtig sind, v.a. auch weil der Wald Mitteleuropas waldbaulich und jagdlich stark beeinflusst ist, was die trophische Kaskadenwirkung von Grossraubtieren auf den Wald begrenzt.

Quelle: Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen


Keywords:
Wolf; Wald; Huftiere; Wildschaden

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Kupferschmid A.D., Bollmann K. (2016): Direkte, indirekte und kombinierte Effekte von Wölfen auf die Waldverjüngung. Schweizerische Zeitschrift fur Forstwesen 167, 3-12.
http://szf-jfs.org/doi/abs/10.3188/szf.2016.0003

Kontaktadresse:
Andrea D. Kupferschmid
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (CH)
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf

andrea.kupferschmid@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 28 13


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