15.9.2016: Forschung international

Schmetterlingsgemeinschaften in Süddeutschland: Sinkende Vielfalt, steigende Homogenität

Communautés de papillons dans le Sud de l'Allemagne: diversité en baisse, homogénéité en hausse



Jan Christian Habel et al.

Eine Studie aus Süddeutschland hat die Langzeit-Veränderung von Schmetterlingsgemeinschaften untersucht. Zwischen 1840 und 2013 ging die Anzahl Arten im Untersuchungsgebiet von 117 auf 71 zurück. Dabei waren insbesondere Habitatspezialisten von Magerstandorten, u.a. auch in Naturschutzgebieten, betroffen. Der Anteil von Generalisten nahm hingegen zu, wodurch die Unterschiede der verschiedenen Schmetterlingsgemeinschaften abgenommen haben.

Une étude dans le Sud de l'Allemagne a examiné les changements à long terme des communautés de papillons. Dans la zone d’étude, le nombre d’espèces a diminué de 117 à 71 entre 1840 et 2013. Les espèces spécialistes d’habitats maigres étaient particulièrement touchées, entre autre dans les zones protégées. La part de généralistes a par contre augmenté, entraînant une diminution des différences entre les communautés.


In der Studie wurden Artenlisten und Schmetterlingssammlungen seit dem Jahr 1840 bis heute aus Gebieten rund um Regensburg ausgewertet. Die dortigen Südhänge entlang der Donauschleifen bestehen im Wesentlichen aus seltenen Magerrasen-Gebieten und damit nährstoffarmen Biotopen für Schmetterlinge und andere Insekten. Etwa 45 Hektar sind seit 1992 Naturschutzgebiet.
Die Beobachtung über einen Zeitraum von 200 Jahren bestätigt den allgemeinen Trend, dass spezialisierte Arten stark rückläufig sind, obwohl sie im Fokus des Naturschutzes stehen. Beispielsweise wurden zwischen 1840 und 1849 noch 117 Tagfalterarten und Widderchen (tagaktive Nachtfalter) verzeichnet, zwischen 2010 und 2013 sind es nur noch 71 Arten.
Zudem hat sich die Artenzusammensetzung verändert. Lebte früher eine vielfältige Schmetterlingsgemeinschaft in der Region, dominieren nun wenige Habitat-Generalisten. Verschwunden sind viele Habitat-Spezialisten, die bestimmte Raupenfutterpflanzen und Lebensraumstrukturen zum Überleben benötigen.
Die Ursachen sind laut der Studie vor allem in den hohen Emissionen reaktiven Stickstoffs zu suchen. Reaktiver Stickstoff entsteht etwa bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, Holz oder Torf, durch die industrielle Verbrennung, durch den Anbau von Hülsenfrüchten und durch die immer intensivere Landwirtschaft der vergangenen Jahrzehnte. Über den Luftweg verändert Stickstoff die Nährstoffzusammensetzung und überdüngt diesen sehr empfindlichen Vegetationstyp.
Flora und Fauna sind aber an eine nährstoffarme Lebensumgebung angepasst. Die Stickstoffzufuhr fördert nun das Wachstum etwa von Pflanzen wie Löwenzahn, Disteln und Sauerampfer. Dies verdrängt die typische Flora und damit die für die Schmetterlinge notwendigen Raupenfutterpflanzen. Habitat-Spezialisten sind sehr stark von diesen Umweltveränderungen betroffen. Da Luftstickstoff an Grenzen von Schutzgebiete nicht halt macht, sind auch diese von den Veränderungen betroffen.
Trotz Klimaerwärmung nehmen laut der Studie auch die sogenannten thermophilen Arten ab, die es warm und trocken mögen. Eine mögliche Erklärung ist, dass durch die Stickstoffeinträge die Vegetation schneller wächst und es dadurch am Boden schattiger wird – zu schattig für wärmeliebende Schmetterlinge.

Quelle: Technische Universität München

Keywords:
Schmetterlinge, Schmetterlingsgemeinschaft, Veränderung, Stickstoff, Naturschutz, Spezialisten

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Habel J.C. et al. (2016): Butterfly community shifts over 2 centuries. Conservation Biology. DOI: 10.1111/cobi.12656
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cobi.12656/suppinfo

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Kontaktadresse:
Dr. Jan Christian Habel
Technische Universität München
Terrestrial Ecology Research Group
Department of Ecology and Ecosystem Management
Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 2
D-85354 Freising
janchristianhabel@gmx.de
Tel: +49 (0)8161 71 4861


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