26.7.2016: Forschung CH
Gäste wünschen naturnahe Wege
Les touristes souhaitent des chemins naturels
Voll Frieder, Jan Mosedale, Patrick Baur
Viele Wanderwege in alpinen Destinationen werden auch durch die Land- und Forstwirtschaft genutzt und entsprechend ausgebaut. Dies hat einen Einfluss auf das Landschaftsbild und auf die Biodiversität. In einer Studie in Graubünden konnte gezeigt werden, dass Gäste sich naturnahe Wege wünschen. Wenn zu viele Wege ausgebaut werden, droht ein jährlicher Verlust an touristischer Wertschöpfung in Millionenhöhe allein im Testgebiet Arosa-Schanfigg.
Dans les destinations alpines, de nombreux chemins de randonnée sont aussi utilisés par l’agriculture et la sylviculture et aménagés conformément. Ceci a une influence sur le paysage et la biodiversité. Dans une étude aux Grisons, des chercheurs ont montré que les touristes souhaitent des chemins naturels. L'aménagement pour le trafic agricole ou sylvicole d'un grand nombre de chemins entraînerait une perte annuelle de la valeur ajoutée touristique de plusieurs millions seulement dans la région test d’Arosa-Schanfigg.
Einerseits sind Land- und Forstwirtschaftswege im Berggebiet ein wichtiger Zugang für die Produzenten zu ihren Produktionsflächen. Andererseits hat deren Ausgestaltung einen grossen Einfluss auf das Landschaftsbild und auf die Biodiversität. Naturnahe Wege weisen dabei eine grosse Vielfalt an Kleinstrukturen und weitere (die traditionelle Kulturlandschaft) prägende Elemente auf, die bei Meliorationsausbauten verloren gehen können.
Forschende des Instituts für Tourismus und Freizeit ITF und des Zentrums für wirtschaftspolitische Forschung ZWF (beide an der HTW Chur) untersuchten unterschiedliche Wegetypen (naturnah und ausgebaut) bezüglich ihrer Bedeutung für den Tourismus (Wahrnehmung der Gäste und Wertschöpfung). Im Sommer 2015 wurden dafür in der Testregion Arosa-Schanfigg 354 Fragebögen von Übernachtungs- und Tagesgästen ausgefüllt. Des Weiteren wurden mit unterschiedlichen Produzentinnen und Produzenten (Biolandwirtschaft, konventionelle Landwirtschaft und Agrotourismus sowie Forstwirtschaft) Interviews zu ihren Bedürfnissen an die Land- und Forstwirtschaftswege geführt.
Die Umfrage ergab, dass Gäste sich naturnahe Wanderwege wünschen. Bei einem Ausbau des Wegnetzes droht ein hoher jährlicher touristischer Wertschöpfungsverlust allein in der Region Arosa-Schanfigg: 3 Millionen Franken beim Ausbau von einem Drittel aller Wege, ca. 7.5 Millionen Franken beim Ausbau von zwei Dritteln aller Wege und CHF 11 Millionen Franken, wenn alle Wege ausgebaut würden.
Für 95% der befragten Gäste ist die Benutzung der Wege wichtig oder sehr wichtig und mehr als 92% der Gäste bewerten den Idealtyp eines naturnahen Weges deutlich positiv. Die Fotomontage eines ausgebauten Weges mit Betonspuren und Grünstreifen, sowie den damit einhergehenden Veränderungen im Landschaftsbild (z.B. Stützmauern etc.) werden eher negativ bis sehr negativ bewertet. Die Befragten bevorzugen Landschaftsbilder mit naturnahen Wegen, Kleinstrukturen und abwechslungsreicher Natur. Sie gaben an, bei zu hohem Ausbaugrad die Wanderregion nicht mehr zu besuchen.
Da diese Wege zugleich wichtige Zugänge für die Land- und Forstwirtschaft darstellen, wurden die diesbezüglichen Bedürfnisse in der Studie ebenfalls untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass Bäuerinnen und Bauern vor allem gut befahrbare Wege brauchen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen der Melioration werden Gelder jedoch hauptsächlich für den Neubau bzw. Umbau der Wege gesprochen, und nicht für den Unterhalt der Wege. Viele Landwirte befürworten daher mangels Alternative den Ausbau dieser Wege, obwohl sie sich auch naturnahe Wege vorstellen könnten, sofern diese regelmässig unterhalten und ausgebessert werden.
Dies zeigt die Notwendigkeit zu einer Diskussion einerseits über den Umfang der Meliorationen (bessere Berücksichtigung der touristischen Interessen in Wandergebieten) und andererseits über die politischen Rahmenbedingungen (Möglichkeit, Gelder auch für den Unterhalt anstatt nur für den Ausbau der Wege zu sprechen.) Durch Unterhalt und Instandstellungsarbeiten können ebenfalls Arbeitsplätze in der Peripherie gehalten werden.
Quelle: HTW Chur
Keywords:
Alpen; Wege; Melioration; Tourismus
Art der Publikation:
Bericht
Literatur:
Voll F., Mosedale J., Baur P. (2016): Naturnahe Wege als touristische Infrastruktur: Wahrnehmung und Wertschöpfung. Bericht Nr. 0040416 der ITF Forschungsberichte / ITF Working Papers, Chur.
http://htwchur.ch/tourismus/forschung-und-dienstleistung/forschung.html
Kontaktadresse:
Voll Frieder
Departement Lebensraum, Institut für Tourismus und Freizeit ITF
HTW Chur
Hochschule für Technik und Wirtschaft
Pulvermühlestrasse 57
CH-7004 Chur
frieder.voll@htwchur.ch
Tel: +41 (0)81 286 39 86
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