26.7.2016: Forschung international

Der europäische Haustier-Handel gefährdet das Überleben seltener Reptilien-Arten

Le commerce européen de petits animaux menace la survie de reptiles rares



Mark Auliya et al.

Zwischen 2004 und 2014 hat die EU offiziell fast 21 Millionen lebende Reptilien importiert. Darunter sind auch viele Vertreter von bedrohten Arten, mit denen sich hohe Gewinne erzielen lassen. Ein internationales Experten-Team hat nun die Folgen solcher Geschäfte dokumentiert. Die grosse Nachfrage auf dem europäischen Markt gefährdet bereits das Überleben etlicher Arten in aller Welt, warnen die Forscher.

Entre 2004 et 2014, l’UE a importé officiellement près de 21 millions de reptiles vivants. Parmi eux, de nombreux représentants d’espèces menacées engendrant des profits très élevés. Un groupe international d’experts a documenté les conséquences d’un tel commerce. La forte demande sur le marché européen menace déjà la survie d’un bon nombre d’espèces dans le monde entier, préviennent les chercheurs.


Für ihre Studie haben Wissenschaftler, Naturschützer und Zollbeamte aus 22 Ländern zahlreiche Beispiele von Arten zusammengetragen, für die der Haustier-Markt zu einem ernsthaften Problem geworden ist. Dabei soll das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES einen solchen Ausverkauf der Natur eigentlich verhindern. Dieses Abkommen, das inzwischen 182 Staaten einschliesslich der EU unterzeichnet haben, reguliert den internationalen Handel mit bedrohten Tieren und Pflanzen. In seinem Anhang I sind besonders stark gefährdete Arten aufgelistet, die nicht zu kommerziellen Zwecken ein- und ausgeführt werden dürfen. Der Anhang II enthält zahlreiche weitere Spezies, für deren Handel man eine spezielle Genehmigung braucht.
Mehr als 90 Prozent der Reptilienarten werden von CITES allerdings gar nicht erfasst. Weltweit haben Biologen bisher mehr als 10’000 Vertreter dieser Tiergruppe beschrieben. Gerade einmal 793 davon fallen derzeit unter die Handelsbeschränkungen. Viele andere bedrohte Reptilien, die auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN stehen, haben es bisher dagegen nicht in die CITES-Anhänge geschafft, sind aber unter Sammlern besonders gefragt. Denn obwohl sie Seltenheitswert haben, kann man sie legal und ohne grösseren bürokratischen Aufwand erwerben. Warum also gilt CITES nicht für alle bedrohten Tiere und Pflanzen? Das liegt zum einen daran, dass der internationale Handel nicht für jede gefährdete Art ein Problem ist. Es gibt aber auch genügend Fälle, in denen die Aufnahme in die Anhänge an wirtschaftlichen Interessen oder mangelndem politischem Willen scheitert.
Auch wenn eine Art unter dem Schutz des Abkommens steht, ist sie damit allerdings nicht unbedingt in Sicherheit. Immerhin gilt der illegale Handel mit Wildtieren mittlerweile als ähnlich lukratives Verbrechen wie Drogen-, Waffen- und Menschenhandel. Entsprechend gross ist der Anreiz, die Schutzbestimmungen zu umgehen. Dabei wissen die Beteiligten sehr genau, mit welchen Tieren sich die höchsten Preise erzielen lassen: Gefragt sind immer die Raritäten. Neben geschützten Arten geraten deshalb oft auch wissenschaftliche Neuentdeckungen ins Visier.
Gerade für Arten mit kleinen Beständen und eng begrenzten Verbreitungsgebieten kann der Reptilienschmuggel der Studie zufolge dramatische Folgen haben. Doch auch grössere Populationen verkraften oft keine zu intensive Nutzung. So werden Schildkröten und grosse Echsen zwar sehr alt, vermehren sich aber nur langsam. Massenhafte Verluste durch Tierfänger können ihre Bestände daher nur schlecht kompensieren werden.
Was also tun, um den Ausverkauf der Reptilien zu verhindern? Die Experten plädieren zum einen für striktere Auflagen, die alle CITES-Mitgliedsstaaten zu einem besseren Schutz ihrer eigenen Vorkommen verpflichten. Zum anderen müssen aber auch wichtige Importeure Verantwortung übernehmen. Lernen kann man von den USA: Dort ist der Handel auch mit Arten verboten, die nicht in den Anhängen von CITES stehen, aber in ihrem Heimatland geschützt sind. Die EU diskutiert derzeit über die Einführung einer ähnlichen Regelung.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

Keywords:
Handel; Reptilien; CITES

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Mark Auliya et al. (2016): Trade in live reptiles, its impact on wild populations, and the role of the European market. Biological Conservation, Online-Ausgabe.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0006320716301987

Kontaktadresse:
Dr. Mark Auliya
Department Naturschutzforschung
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Permoserstr. 15
D-04318 Leipzig
mark.auliya@ufz.de
Tel: +49 (0)34 12 35 19 53


Zurück zur Liste