9.5.2016: Forschung international

Der frühe Vogel hat Probleme

L’oiseau précoce a des problèmes



Annegret Grimm et al.

Rauchschwalben reagieren auf den Klimawandel und kehren früher aus ihren Winterquartieren nach Mitteleuropa zurück als noch vor wenigen Jahren. Das hat den Vorteil, dass sie eher mit dem Eierlegen beginnen können. Trotzdem überlebt immer weniger Nachwuchs - wahrscheinlich, weil zum entscheidenden Zeitpunkt zu wenig Futter da ist.

Les hirondelles rustiques réagissent au changement climatique et reviennent plus tôt en Europe centrale depuis leurs quartiers d’hiver par rapport à il y a encore quelques années. Ceci à l’avantage qu’elles peuvent commencer plus tôt avec la ponte. Malgré cela, de moins en moins de progéniture survit - probablement à cause du manque de nourriture au moment décisif.


Rauchschwalben gelten als klassische Frühlingboten. Nach dem langen Rückflug aus dem Süden Afrikas treffen sie typischerweise im April wieder in Europa ein und beginnen dann innerhalb weniger Tage mit dem Eierlegen. Nach etwa zwei Wochen Brutzeit schlüpfen die Küken, die anschliessend noch rund drei Wochen von den Eltern gefüttert werden. Wenn der erste Nachwuchs der Saison das Nest verlassen hat, schliessen die Tiere im Sommer noch eine zweite Brut an.
Forscher haben nun untersucht, ob sich die Termine dieser Bruten vor dem Hintergrund des Klimawandels verändert haben. Dazu haben sie Daten der Jahre 1997 bis 2010 für Ostdeutschland ausgewertet. Diese Daten enthalten beispielsweise, wann und wo Ornithologen Küken beringt haben, um später ihre Zugrouten verfolgen zu können. Junge Rauchschwalben werden im Alter zwischen zehn und 15 Tagen beringt. Deshalb können die Forscher aus diesem Datum auch schliessen, wann die Eltern mit der Brut begonnen haben müssen.
Bei den 7’256 Bruten, die das Team auf diese Weise analysiert hat, zeichnet sich eine deutliche Tendenz zu einem immer früheren Beginn ab. Im Durchschnitt haben die Tiere den Termin für ihre erste Brut um mehr als einen halben Tag pro Jahr nach vorn verlegt. Das sind von 1997 bis 2010 immerhin 6,5 Tage. Dieser zeitliche Vorsprung schlägt sich jedoch nicht im Bruterfolg nieder.
Das Problem besteht offenbar darin, dass die Vögel bisher noch nicht das richtige Timing gefunden haben, um ihrem Nachwuchs gute Startchancen zu verschaffen. Zwar sind die April-Temperaturen in den ostdeutschen Brutgebieten in den letzten Jahren gestiegen, dafür ist es im Mai aber kühler geworden - ausgerechnet dann, wenn die Schwalben-Eltern reichlich Insekten für ihre geschlüpften Küken bräuchten. Dieses Versorgungsproblem steckt wahrscheinlich hinter dem sinkenden Bruterfolg. Und dieser wiederum könnte den Rückgang der europäischen Schwalbenbestände erklären, den Vogelschützer seit etwa 20 Jahren beobachten.

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)


Keywords:
Klimawandel, Migration, Vogel



Literatur:
Grimm A. et al. (2015): Earlier breeding, lower success: does the spatial scale of climatic conditions matter in a migratory passerine bird? Ecology and Evolution 23, 5722-5734.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ece3.1824/full

Kontaktadresse:
Annegret Grimm
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Permoserstrasse 15
D-04318 Leipzig

annegret.grimm@ufz.de


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