9.5.2016: Forschung international
Isotopenanalyse gibt Hinweise auf Migrationskorridore von Fledermäusen
Des analyses isotopiques livrent des indications sur les corridors migratoires des chauves-souris
Christian Voigt et al.
Ein Grossteil der Fledermäuse, die an Windkraftanlagen zu Tode kommen, gehört migrierenden Arten an. Über die Migrationsrouten der Fledermäuse ist allerdings bisher nur wenig bekannt. Anhand von Isotopenanalysen unterschiedlicher Gewebetypen von Fledermauskadavern ermittelten deutsche Forscher die bevorzugten Habitate von drei Arten mit unterschiedlichem Zugverhalten. Die Ergebnisse lassen erstmals Rückschlüsse zu auf bevorzugte Habitate, die Fledermäuse während ihrer jährlichen Wanderungen nutzen. Die Studie mündet in Empfehlungen bezüglich der Standortwahl von Windkraftanlagen.
Une grande partie des chauves-souris qui trouvent la mort près des éoliennes appartiennent à des espèces migratrices. Les voies de migration des chauves-souris sont cependant encore peu connues. A l'aide d'analyses isotopiques de tissus prélevés sur des cadavres de chauves-souris, des chercheurs allemands ont déterminé les milieux préférés de trois espèces avec un comportement migratoire différent. Les résultats livrent pour la première fois des indications sur les milieux favoris que les chauves-souris utilisent lors de leur migration annuelle. L'étude aboutit à des recommandations sur le choix des emplacements des centrales éoliennes.
Anlass der Studie ist die hohe Zahl von Schlagopfern an Windkraftanlagen, an denen pro Jahr geschätzte 250’000 Fledermäuse sterben. 70% der Verunglückten gehören migrierenden Arten an, die Deutschland im Frühjahr und Herbst auf ihrer Wanderung vom Nordosten Europas in den Südwesten kreuzen. Während die Zugrouten von Vögeln gut untersucht sind, weiss man über die der nachtaktiven kleinen Säugetiere so gut wie nichts.
Die Forschenden analysierten die Kadaver dreier Arten, die bei ihren Wanderungen gegen Süden an Windkraftanlagen den Tod gefunden hatten: Von der nicht-migrierenden Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus sowie dem Grossen Abendsegler Nyctalus noctula – einem «Mittelstreckenflieger», der einige Hundert Kilometer weit zieht – und von der Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii. Sie legt pro Jahr bis zu 4000 Kilometer zurück. In Fell, Flughautmembran, Muskel, Leber und Blut bestimmten die Forscher das Verhältnis der stabilen Isotope der Elemente Kohlenstoff (13C/12C) und Stickstoff (15N/14N).
Die Isotopenzusammensetzung eines lokalen Nahrungsnetzes hat ein für die Region charakteristisches Muster. Es ist quasi ihr Fingerabdruck. Über die Nahrungskette Pflanze-Insekt-Fledermaus wird diese Signatur weiter gegeben. Man kann also aus den Analysen rückschliessen, in welchen Lebensräumen sich die Tiere auf ihren Wanderungen hauptsächlich aufhielten, bevor sie verunglückten.
Das Ergebnis: Die Isotopie der Rauhautfledermäuse unterscheidet sich grundlegend von der der beiden anderen Arten. Während die heimische Zwergfledermaus und der Grosse Abendsegler typische Muster terrestrischer Gebiete zeigen, jagt die Rauhautfledermaus vorrangig Insekten, die ihre Larvenzeit in aquatischen Gebieten, also Tümpeln, Seen und Flüssen verbracht haben. Die Forschenden schliessen daraus, dass es artspezifische Migrationsstrategien bei Fledermäusen gibt und dass Gewässer als Korridore für bestimmte Arten sehr wertvoll sind. Windpark-Standorte in Gewässernähe sind dementsprechend ungünstig, so die Forschenden. Sie vermuten, dass Rauhautfledermäuse den Gewässern folgen oder dort ausgedehnte Zwischenstopps einlegen.
Während ihrer Wanderung fliegen Fledermäuse leider ziemlich genau in Höhe der Rotorblätter. US-amerikanische Forscher vermuten, dass sie die Windkraftanlagen sogar gezielt ansteuern, weil sie diese auf der Suche nach Tagesquartieren als Quartierbäume fehl deuten.
Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V.
Keywords:
Fledermäuse, Isotopenanalyse, Windkraft, Gewässer, Wanderung
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Voigt C.C. et al. (2016): Habitat use of migratory bats killed during autumn at wind turbines. ECOL APPL; DOI: 10.1890/15-0671.
Kontaktadresse:
Christian Voigt
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)
Alfred-Kowalke-Str. 17
D-10315 Berlin
voigt@izw-berlin.de
Tel: +49 (0)30 5168 517
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