9.5.2016: Forschung CH

Städtische Motten zieht es weniger zum Licht

Les mites citadines sont moins attirées par la lumière



Florian Altermatt, Dieter Ebert

Die weltweit zunehmende Lichtverschmutzung wirkt sich negativ auf die Artenvielfalt aus. Wohl am deutlichsten trifft es nachtaktive Insekten: Sie werden von den künstlichen Lichtquellen angezogen und lassen als Folge meist ihr Leben. Eine Studie zeigt nun aber, dass städtische Motten in der Schweiz und in Frankreich gelernt haben, Licht zu meiden. Diese Anpassung verringert wohl die erhöhte Sterblichkeit durch künstliches Licht, doch kann sie auch negative Folgen für die Insektengemeinschaft haben.

L’augmentation au niveau global de la pollution lumineuses se répercute négativement sur la diversité des espèces. Les plus touchés sont les insectes nocturnes: ils sont attirés par les sources lumineuses artificielles et en meurent souvent. Une étude a montré que les mites citadines en Suisse et en France ont appris à éviter la lumière. Cette adaptation permet une diminution de la mortalité accrue due à la lumière artificielle, mais peut aussi avoir de conséquences négatives pour les communautés d'insectes.


Es gibt Insektenarten, die von Licht angezogen werden, und andere, die lichtscheu sind. Sprichwörtlich ist die Anziehungskraft, die Licht auf Motten ausübt. Strassenlaternen und andere künstliche Lichtquellen werden für nachtaktive Insekten wie Motten oft zur Todesfalle. Entweder verbrennen sie an der Lichtquelle oder werden zur leichten Beute für Insektenfresser. So kann die Sterblichkeit von urbanen Insekten 40- bis 100-mal höher sein als diejenige von Populationen in ländlichen Gebieten. Künstliches Licht beeinflusst das Ökosystem von Insekten, in dem es ihren natürlichen Tag-Nacht-Zyklus stört und sich auf Verhaltensweisen wie Futtersuche und Fortpflanzung auswirkt. Unter der Annahme, dass in urbanen Gebieten die natürliche Selektion Motten mit weniger Hang zum Licht begünstigt, wurden Populationen der Gespinstmotte Yponomeuta cagnagella untersucht. Für das Experiment wurden Larven der Mottenart in Gegenden mit wenig Lichtverschmutzung im Schweizer und im Französischen Jura sowie aus stark belasteten Gebieten in und um Basel-Stadt gesammelt.
Im Labor wurde dann das Anlock-Verhalten von den rund 1050 geschlüpften Motten auf Lichtquellen getestet. Die Resultate zeigen: Motten aus Populationen, die über mehrere Generationen hoher Lichtverschmutzung ausgesetzt waren, haben eine deutlich geringere Tendenz, sich dem Licht zu nähern als Individuen aus Populationen in wenig verschmutzten Gebieten. Die Studie hält ausserdem fest, dass in beiden Populationsarten die weiblichen Motten signifikant weniger von Licht angezogen wurden als die männlichen. Die Resultate der Studie legen nahe, dass die natürliche Selektion das Verhalten der Tiere auf evolutionärer Ebene verändert hat. Obwohl dieser evolutionäre Wandel die erhöhte Sterblichkeit durch künstliches Licht verringert, kann er auch negative Folgen für die Insektengemeinschaft haben. So könnte eine daraus folgende geringere allgemeine Mobilität der Insekten beispielsweise zu weniger Bestäubung von Pflanzen führen.

Quelle: Universität Basel


Keywords:
Lichtverschmutzung, Nachtfalter, Diversität, Selektion

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Altermatt F., Ebert D. (2016): Reduced flight-to-light behaviour of moth populations exposed to long-term urban light pollution. Biology Letters. DOI: 10.1098/rsbl.2016.0111
http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/12/4/20160111

Kontaktadresse:
Florian Altermatt
Eawag
Aquatic Ecology
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf

florian.altermatt@eawag.ch


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