8.3.2016: Forschung international

Unterirdische CO2-Speicherung: Risiken für Bodenlebewesen und Stoffkreisläufe im Boden

Séquestration sous-terraine de CO2: risques pour les organismes du sol et les cycles des matières dans le sol



Felix Beulig et al.

Eine hohe Konzentration von Kohlendioxid in Böden kann die Gemeinschaften von Bodenlebewesen langfristig stark verändern – und damit auch Prozesse im Ökosystem wie den Abbau von organischem Material und die Kohlenstoffspeicherung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie über Bodenorganismen und Stoffkreisläufe an einer natürlichen Kohlendioxidquelle (Mofette) und in einem Vergleichsboden.

Une haute concentration en dioxyde de carbone dans les sols peut fortement modifier à long terme les communautés d’organismes du sol; et ainsi également les processus écosystémiques comme la décomposition de matière organique et la séquestration de carbone. Telle est la conclusion d’une étude sur les organismes du sol et les cycles des matières près d’une source naturelle de dioxyde de carbone (mofette) et dans un sol témoin.


Je deutlicher die Dimensionen der globalen Erwärmung werden, desto grösser wird auch der Druck, Möglichkeiten zu finden, um einen weiteren Anstieg der Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre zu vermeiden. Dabei wird auch die Abscheidung und unterirdische Speicherung dieses Treibhausgases diskutiert. Doch welche Auswirkungen und Risiken hätten solche Speicher?
Was passieren würde, wenn ein solcher Speicher undicht würde, lässt sich kaum durch praktische Versuche herausfinden. In den letzten Jahren ist daher ein kleines Tal im tschechischen Bäderdreieck zu einer Art Freilandlabor geworden. Denn hier strömt in sogenannten Mofetten CO2 in grossen Mengen natürlich aus der Tiefe. An diesen Spätfolgen des Vulkanismus lassen sich die Auswirkungen hoher CO2-Konzentrationen studieren, ohne dass der Mensch in die Natur eingreifen muss. Heilbäder wie Karlovy Vary (Karlsbad), Mariánské Lázne (Marienbad) oder Františkovy Lázně (Franzensbad), aber auch die Kurorte Bad Elster und Bad Brambach in Sachsen verdanken ihre Existenz den vulkanischen Aktivitäten in früheren Zeiten.
Das Forscherteam nahm rund um eine Mofette den Boden unter die Lupe, in dem die Luft durch beinahe reines CO2 geprägt war. Von 2012 bis 2014 sammelten die Forschenden dreimal pro Jahr Proben. Diese verglichen sie anschliessend mit Proben von einem Vergleichsboden ohne erhöhte CO2-Konzentration, der nur wenige Meter entfernt war. In dem Boden von der Mofette fanden die Forscher deutlich mehr organisches Material, also Reste von abgestorbenen Pflanzen und Tieren, die normalerweise von kleinen Bodentieren und von Einzellern, Bakterien und Pilzen abgebaut werden. Durch moderne chemische und molekularbiologische Methoden konnten die Forschenden den Mechanismus aufdecken, der diese Veränderung bewirkt hatte: Das CO2 hatte die Lebensbedingungen im Boden so verändert, dass Bodentiere ausgeschlossen wurden und sich die Gemeinschaft der Mikroorganismen hin zu weniger vielfältigen, dafür aber höher spezialisierten Arten verschoben hatte. Dadurch wurde das Nahrungsnetz im Boden weniger effizient beim Abbau von organischem Material, das sich daraufhin im Boden angereichert hatte. Zudem konnte durch Isotopenmessungen gezeigt werden, dass im organischen Bodenmaterial Kohlenstoff aus dem Erdmantel in grossen Mengen gebunden war. Diesen hatten zuvor Pflanzen und Mikroorganismen über das ausströmende CO2 aufgenommen.
Sogenannte «omics»-Methoden hatten es den Forschenden erlaubt, gleichzeitig die gesamte, in allen Bodenlebewesen vorhandene Erbinformation (DNA und RNA) bei ihrer Analyse zu berücksichtigen. Zudem konnte das Team feststellen, welche Erbinformation gerade aktiv genutzt wurde. Dadurch liessen sich Rückschlüsse auf jene Stoffkreisläufe im Boden ziehen, die Bindung und Abbau von Kohlenstoff beeinflussen. Die Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass extrem hohe Konzentrationen von Kohlendioxid langfristig das Nahrungsnetz und den Stoffwechsel im Boden verändern.
Die untersuchte Mofette ist ein extremes Habitat, das lange als lebensfeindlicher Ort galt. Dass stark angepasste Organismen sich dort aber durchaus wohl fühlen, konnte das Forscherteam bereits im vorigen Jahr zeigen. Die aktuelle Studie brachte nun Einblicke in die komplexen Zusammenhänge zwischen Organismengemeinschaften und der Kohlenstoffdynamik im Boden. Die Ergebnisse werden helfen, die Umweltrisiken der unterirdischen CO2-Speicherung besser beurteilen zu können.

Quelle: iDiv


Keywords:
CO2, Boden, Bodenleben, Nahrungsnetz, Geologie

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Beulig F. et al. (2016): Altered carbon turnover processes and microbiomes in soils under long-term extremely high CO2 exposure. Nature Microbiology Vol. 1, Article number: 15025.
https://www.idiv.de/de/presse/pressemitteilungen/press_release_single_view/article//unterirdisch.html

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Kirsten Küsel
Friedrich Schiller University Jena
Institute of Ecology
Chair for Aquatic Geomicrobiology
Dornburger Strasse 159
D-07743 Jena

kirsten.kuesel@uni-jena.de
Tel: +49 (0)364 194 94 61


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