25.1.2016: Forschung CH

Fischtreppen fördern den genetischen Austausch

Les passes à poissons favorisent le brassage génétique



Alexandre Gouskov et al.

Wasserkraftwerke und Wehre können die genetische Struktur der voneinander getrennten Fischpopulationen stark beinträchtigen. Nun wurde erstmals untersucht, ob und wie stark Fischtreppen diesen Negativeffekt mildern. Ein Forschungsteam der Eawag konnte anhand der Fischart Alet nachweisen, dass Aufstiegshilfen den genetischen Austausch zwischen verschiedenen Populationen tatsächlich fördern.

Les centrales hydroélectriques et barrages peuvent être très préjudiciables à la structure génétique des populations séparées. On a étudié pour la première fois si et dans quelle mesure les passes à poissons atténuent cet effet négatif. En se basant sur l’exemple d’une espèce de poissons, le chevaine, une équipe de chercheurs de l’Eawag a réussi à prouver que les passes à poissons favorisent effectivement le brassage génétique entre différentes populations.


Die Schweizer Bäche und Flüsse sind voll von Querhindernissen. Der BAFU-Bericht «Strukturen der Fliessgewässer in der Schweiz» (2009) hat für 10'800 Gewässerkilometer und 50'000 künstliche Hindernisse einen Revitalisierungsbedarf ausgewiesen. Im Rheineinzugsgebiet, das von den Forschenden untersucht wurde, befinden sich 37 Wasserkraftwerke und zwei Wehre. Sechs der künstlichen Hindernisse waren zum Zeitpunkt der Probenahmen nicht mit einer Aufstiegshilfe für Fische ausgestattet.
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass unüberwindbare Hindernisse die genetische Populationsstruktur von Fischen stark beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall kann die Isolation zum Aussterben einer Population führen. Deshalb werden immer mehr Kraftwerke und andere Hindernisse mit Fischtreppen für Fische ausgestattet. Man weiss mittlerweile, dass viele Fische diese Aufstiegshilfen auch benutzen, aber die Frage, ob sich Fischtreppen tatsächlich positiv auf die Verbindung und die genetische Diversität von Fischpopulationen auswirken, hat man bisher nicht untersucht.
Der Alet eignet sich besonders gut, um zu untersuchen, inwiefern Fischtreppen bei Flusskraftwerken und anderen Hindernissen den genetischen Austausch zwischen den örtlich getrennten Populationen fördern. Weil die Art ökonomisch uninteressant ist, hat man sie in den Schweizer Gewässern kaum ausgesetzt. Dadurch ist ihre genetische Populationsstruktur – im Gegensatz zu derjenigen der Forelle – auch nicht verfälscht worden. Zudem zeigt diese Fischart während der Laichzeiten ein ausgeprägtes Wanderverhalten, und es ist die einzige Art, von der man weiss, dass sie sämtliche, technisch teils sehr unterschiedlichen Fischtreppen auch benutzt. Aus statistischen Gründen haben die Forschenden an 47 Stellen Proben genommen. Pro Probestelle holten sie in der Regel rund 50 Alet mithilfe von Elektrofischerei aus dem Wasser.
Anhand der genetischen Untersuchungen konnten die Forschenden aufzeigen, dass die Fischtreppen den genetischen Austausch tatsächlich verbessern. Eine künstliche Barriere ohne Fischtreppe wirkt sich ähnlich stark auf die genetische Differenzierung der Fische aus wie eine Distanz von rund 100 Kilometern in einem unverbauten Fluss. Bei den Barrieren, die mit Fischtreppe ausgestattet sind, liegt das Äquivalent dagegen nur bei rund 12 Kilometern. Laut den Forschenden zeigt dies, dass Fischtreppen die Konnektivität von getrennten Fischpopulationen verbessern. Doch auch mit Fischtreppen wirken sich Kraftwerke signifikant auf die genetische Differenzierung des Alets aus. Mit Blick auf andere Fischarten erhält dieser Befund zusätzliches Gewicht, denn viele von ihnen können die Fischtreppen schlechter überwinden als der Alet und sind dadurch stärker von der Fragmentierung betroffen.
Die Resultate zeigen, dass es Sinn macht , die in den letzten Jahren begonnenen Revitalisierungsmassnahmen weiter voranzutreiben, so die Bilanz der Forschenden. Es brauche mehr, aber auch qualitativ bessere Fischaufstiegshilfen, um die Arten besser zu schützen.

Quelle: Eawag


Keywords:
Fisch, Gewässer, Fragmentierung, genetische Vielfalt, Wasserkraft

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Gouskov A., Reyes M., Bitterlin L., Vorburger C. (2016): Fish population genetic structure shaped by hydroelectric power plants in the upper Rhine catchment. Evolutionary Applications. doi: 10.1111/eva.12339.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/eva.12339/epdf

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Christoph Vorburger
Abteilung Aquatische Ökologie
Eawag
Überlandstrasse 133
CH-8600 Dübendorf

christoph.vorburger@eawag.ch
Tel: +41 (0)58 765 51 96


Zurück zur Liste