26.6.2015: Forschung CH
Flechten brauchen alte Wälder
Les lichens ont besoin d’arbres anciens
Christoph Scheidegger und Silvia Stofer
In der Schweiz benötigen 134 prioritäre Waldflechtenarten spezielle Massnahmen zur langfristigen Erhaltung. Eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL zeigt, dass ein grosser Teil dieser Arten Schlüsselstrukturen (z.B. Borkenrisse, regengeschützte Stammseiten oder eine bei alten Bäumen erhöhte Wasserspeicherkapazität der Borke), sowie eine hohe ökologische Kontinuität benötigen. Die Wissenschaftler empfehlen, dass künftig Biotopbäume in enger Nachbarschaft zu existierenden Vorkommen von prioritären Waldflechtenarten gefördert werden sollen.
En Suisse, 134 espèces de lichens forestiers ont besoin de mesures particulières pour leur conservation à long terme. Une étude de l’Institut fédéral de recherche WSL montre qu’une grande partie de ces espèces ont besoin de structures-clés (p. ex. des crevasses dans l'écorce, des faces de tronc protégées de la pluie ou, chez les arbres anciens, une plus grande capacité de stocker de l'eau dans l'écorce) ainsi que d’une grande continuité écologique. Les scientifiques recommandent d’encourager à l’avenir les arbres biotopes se trouvant en étroit voisinage avec des sites de présence d'espèces de lichens forestiers prioritaires.
In der Schweiz sind 621 Flechtenarten an den Lebensraum Wald gebunden. Davon benötigen 134 Waldarten spezielle Massnahmen zur langfristigen Arterhaltung. Fast drei Viertel dieser Arten gelten als Altbaum-Flechten, weil sie an Schlüsselstrukturen gebunden sind, welche als phänologische Altersmerkmale von Bäumen gelten. Gefährdete Waldflechten (Kategorien CR, EN und VU der Roten Liste) benötigen signifikant grössere Stammdurchmesser, um sich auf Bäumen zu etablieren als ungefährdete Arten (LC und NT). Verschiedene gefährdete Arten sind wegen ihrer eingeschränkten Ausbreitungsradien zudem an eine hohe ökologische Kontinuität gebunden, was sie als Altwald-Flechten auszeichnet. Die konsequente Förderung der prioritären Altbaum- und Altwald-Flechten ist eine dringende Aufgabe für den Artenschutz im Wald. Dabei kommt der Erhaltung der noch vorhandenen Vorkommen im bewirtschafteten Wald, etwa durch die gezielte Ausscheidung von Biotopbäumen, eine zentrale Bedeutung zu. Damit jedoch die ökologische Kontinuität der Schlüsselstrukturen gewährleistet werden kann, müssen künftig Biotopbäume in enger Nachbarschaft zu existierenden Vorkommen gefördert werden.
Quelle: Schweizerische Zeitung für Forstwesen
Keywords:
Wald, Altbaumflechten, Biotopbäume, prioritäre Arten
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Scheidegger C., Stofer S. (2015): Bedeutung alter Wälder für Flechten: Schlüsselstrukturen, Vernetzung, ökologische Kontinuität. Schweiz. Z. Forstwes. 166: 75-82.
http://www.szf-jfs.org/doi/abs/10.3188/szf.2015.0075
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Christoph Scheidegger
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
christoph.scheidegger@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 2439
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