13.3.2015: Forschung CH
Invasive Arten I: Zweifel an der gängigen Informationspraxis
Espèces envahissantes I: doutes sur la pratique courante en matière d’information
Franziska Humair et al.
Eine Hauptquelle für die Verbreitung gebietsfremder Pflanzen, aber auch ein wichtiger Ansprechpartner bei der Bekämpfung invasiver Neophyten, ist der Pflanzenhandel. Eine Studie zweifelt allerdings an der Wirksamkeit der gängigen Informationspraxis der Umweltbehörden, welche in ihrer Kommunikation von Umweltrisiken durch eingebrachte Pflanzen besonders die gebietsfremde Herkunft problematischer Arten betont. Der Fokus der Informationen sollte vielmehr auf den negativen Auswirkungen von vertrauten gebietsfremden Pflanzen liegen sowie auf der unbekannten Eigenschaften von neuen gebietsfremden Pflanzen.
Le commerce des plantes est l’une des sources principales de la diffusion de plantes exotiques, mais aussi un important acteur en matière de lutte contre les néophytes envahissantes. Une étude met cependant en doute l’efficacité de la pratique courante en matière d’information des offices de l’environnement. Dans leur communication sur les risques environnementaux de plantes introduites, ceux-ci soulignent en particulier la provenance exotique des espèces problématiques. Les informations devraient se focaliser davantage sur les effets négatifs des plantes exotiques familières et sur les caractéristiques inconnues des plantes exotiques nouvelles.
Im Rahmen eines interdisziplinären Dissertationsprojekts (Biologie, Umweltwissenschaften, Risikopsychologie) wurden 625 deutschsprachige Mitglieder des Schweizer Gärtner-Unternehmerverbands JardinSuisse zu ihrer Wahrnehmung von Risiken und Nutzen gebietsfremder Pflanzen befragt. Die Studienteilnehmenden verbinden zwar ein grösseres Umweltrisiko mit Pflanzen, welche sie als gebietsfremd einstuften als mit solchen, die sie für einheimisch halten; gleichzeitig zeigte sich aber, dass die gebietsfremde Herkunft einer Pflanze durchaus auch als wirtschaftlicher oder kultureller Mehrwert wahrgenommen wird. Die Resultate der Studie weisen ausserdem darauf hin, dass die Vertrautheit der Gärtner und Gärtnerinnen mit bestimmten Pflanzenarten die Wahrnehmung von Umweltrisiken massgeblich beeinflusst: Die Hortikulturisten und Hortikulturistinnen empfinden ein geringeres Umweltrisiko, je vertrauter sie mit einer Pflanzenart sind. Der negative Zusammenhang von Vertrautheit und Risikowahrnehmung ist ein wichtiges Resultat der Risikoforschung und wurde auch in anderen Zusammenhängen beobachtet (z.B. Entsorgung von Atommüll).
Ungeachtet der positiven Wahrnehmung gegenüber gebietsfremden Pflanzen hat eine Mehrheit der Studienteilnehmenden den Willen bekundet, sich aktiv an der Eindämmung zukünftiger Verbreitung von invasiven Pflanzen zu beteiligen oder äusserte sich positiv zur einer verschärften Regulierung des Verkaufs von potenziell invasive gebietsfremde Pflanzen. Die Autoren der Studie schlagen deshalb vor, vermehrt Fachleute aus der Praxis in die Früherkennung und Prävention von Verbreitung von invasiven Pflanzen einzubeziehen. Ausserdem sollte die Risikokommunikation anerkennen, dass die Wahrnehmung von Risiken durch verschiedenste Faktoren beeinflusst wird: Die Information zu Risiken durch neue verwendete Pflanzen sollte die unbekannte Eigenschaften dieser Organismen unterstreichen. Werden vertraute gebietsfremde Pflanzen problematisch, sollte auf die negativen Effekte anstatt auf die gebietsfremde Herkunft hingewiesen werden.
Quelle: ETH Zürich
Keywords:
Hortikultur, Partizipation, invasive Arten, Risikokommunikation, Risikowahrnehmungen
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Humair F., Kueffer C., Siegrist M. (2014): Are Non-Native Plants Perceived to Be More Risky? Factors Influencing Horticulturists' Risk Perceptions of Ornamental Plant Species. PLoS ONE 9(7), e102121
Humair F., Siegrist M., Kueffer C. (2014): Working with the horticultural industry to limit invasion risks: the Swiss experience, Bulletin OEPP / EPPO Bulletin, 44 (2), 7 Seiten
http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0102121
http://dx.doi.org/10.1111/epp.12113
Kontaktadresse:
PD Dr. Christoph Küffer Schumacher
Institute of Integrative Biology & TdLab, D-USYS
ETH Zürich
SOL F 10.1
Sonneggstrasse 33
8092 Zürich
Schweiz
f.humair@alumni.ethz.ch; christoph.kueffer@env.ethz.ch
Tel: +41 (79) 502 14 08
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