Jahresbericht 2021 für

SGH/SSH/SSI: Schweizerische Gesellschaft für Hydrogeologie


Präsident/Präsidentin: Michael Sinreich

Von: Michael Sinreich, michael.sinreich@hydrogeo.ch

Zusammenfassung


Die Schweizerische Gesellschaft für Hydrogeologie SGH als Fachvereinigung mit über 300 Mitgliedern versteht sich auf dem Gebiet der Hydrogeologie als Bindeglied zwischen Wissenschaftlern, Praktikern und Behördenmitgliedern. Ein wesentliches Element ist dabei die Auseinandersetzung mit den aktuellen relevanten Fragestellungen im Bereich Grundwasser und deren Bezug zur Praxis. Derzeit werden im Rahmen von vier Arbeitsgruppen die Themen Grundwasser als Element im integralen Wassermanagement, Grundlagendaten für Grundwassermodelle, Mikrobiologie im Grundwasser sowie Schutz und Nutzung der Grundwasservorkommen behandelt. 

Letztgenannte Arbeitsgruppe wurde gegründet, um die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit mit Trockenheit sowie der aktuellen Problematik von Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im Trinkwasser aufzubereiten und die sich daraus ergebenden multiplen Herausforderungen für die Hydrogeologie aufzuzeigen. Solche Entwicklungen können innert kurzer Zeit zu weitreichenden Umwälzungen führen. Aus hydrogeologischer Sicht gilt es, kurz- und mittelfristig Optionen zur Sicherstellung der Nutzung der Grundwasserressourcen zu erarbeiten und aus der aktuellen Situation längerfristig Lehren für den Schutz des Grundwassers zu ziehen. 



Publikationen


Insbesondere ausgehend von Schlussfolgerungen und Resultaten der Arbeitsgruppen werden in unregelmässigen Abständen wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht. Entsprechende Ausarbeitungen fliessen auch in Anleitungen und Praxishilfen des Bundes ein.   



Tagungen / Kurse


Die SGH richtet jährlich eine Tagung zu einem übergeordneten Grundwasserthema aus, an der bis zu etwa 100 Personen teilnehmen. Während die Generalversammlung der SGH im Frühjahr 2021 turnusgemäss als virtuelle Veranstaltung stattfinden konnte, wurde die Jahrestagung in Anbetracht der Pandemiesituation auf den Herbst verlegt. Sie konnte dann am 17./18. September in Solothurn zur Thematik „Grundwasserressourcen im Wandel“ stattfinden.  Dies bezieht sich einerseits auf die Klimaänderung mit ihren Auswirkungen auf weite Teile des Wasserkreislaufs. Gleichzeitig gerät das Grundwasser durch konkurrierende Nutzungen zunehmend unter Druck, nicht nur in Mangelsituationen. Die Vorträge der Tagung zeigten u.a. anhand der Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit mit der Trockenheit 2018 sowie der aktuellen Problematik von Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im Trinkwasser die multiplen Herausforderungen für die Hydrogeologie auf. Die Tagung bot dabei die Möglichkeit, die Positionierung der Schweizer Hydrogeologinnen und Hydrogeologen hinsichtlich des Wandels fachlich und im gesellschaftlichen Kontext zu diskutieren. Im Rahmen der Tagungsexkursion wurden Problemstellungen und mögliche Lösungen anhand anschaulicher Fallbeispiele an der Grenze von Mittelland und Jura vermittelt. 

Zusammen mit CHy, SCNAT, SGHL und Universität Neuenburg hat die SGH die Veranstaltung „Wasser und Landwirtschaft – Wechselwirkungen und Zielkonflikte“ vom 28. Mai 2021 mit ausgerichtet, welche letztlich virtuell durchgeführt werden musste. Dabei konnten die verschiedenen Begegnungsfelder zwischen Wasser und Landwirtschaft aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet werden.   

Am virtuellen Swiss Geoscience Meeting 2021 war die SGH Co-Organisator der Symposien „Hydrology and Hydrogeology“ sowie „Geoscience and Geoinformation - From data acquisition to modelling and visualization“. 



Internationale Aktivitäten


Die SGH bildet das Schweizerische nationale Komitee der International Association of Hydrogeologists IAH. In diesem Zusammenhang konnte sie ihre Funktion im internationalen Austausch sowie bei der Lobbyarbeit für Grundwasserthemen und der Vertretung der Interessen von Hydrogeologen erfüllen, zuletzt am IAH-Kongress 2021 in Brüssel. 

Nach erfolgreicher Bewerbung wurde der SGH die Ausrichtung des IAH-Kongresses von 2024 übertragen, der wichtigsten internationalen Veranstaltung in der Hydrogeologie. Damit gehen eine vertiefte Vernetzung und internationale Sichtbarkeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Hydrogeologie einher. Auch innerhalb der Schweiz wird dies zu einer intensiven Zusammenarbeit und weiteren Vernetzung zwischen verschiedensten Akteuren im Wasserbereich beitragen. In 2021 haben die konkreten Aktivitäten zur Organisation dieser Veranstaltung mit Austragungsort Davos begonnen. So konnte an der Generalversammlung der IAH in Brüssel bereits ein Bewerbungsvideo für den IAH-Kongress 2024 gezeigt werden.   



Nachwuchsförderung


Die SGH vergibt zur Förderung junger Berufsanfänger regelmässig einen Hydrogeologie-Preis für eine qualitativ hochstehende Abschlussarbeit. Eingereicht werden können an Schweizer Hochschulen angefertigte Master- oder Bachelorarbeiten auf dem Gebiet des Grundwassers. Sie sollen sich durch innovative Ansätze, interessante Anwendungen oder auch wichtige Erkenntnisse für die Hydrogeologie in der Schweiz auszeichnen. 

In 2021 konnte der mit 1000 CHF dotierte Preis an Dominic Becker für seine an der Universität Basel verfasste Bachelor-Arbeit "Thermischer Einfluss urbaner Untergrundstrukturen auf die Grundwassertemperaturen im Kanton Basel-Stadt" vergeben werden.



Forschungsunterstützende Informations- und Koordinationsaufgaben


Im Rahmen der Meldestelle InfoTracer koordiniert, zentralisiert und archiviert das Bundesamt für Umwelt BAFU Informationen zu Markierversuchen im Grundwasser der Schweiz. Seit der Initiierung und Inbetriebnahme von InfoTracer in Zusammenarbeit mit der SGH wurden über 10.000 Markierversuche gemeldet und in der Datenbank erfasst. Auch in 2021 wurden wieder an die 300 Tracereingaben bearbeitet.

Die SGH ist Mitglied des 2020 gegründeten Schweizer Grundwasser Netzwerks CH-GNet, welches ein Gremium zur Koordination und Förderung praxisorientierter Forschung in der Schweiz bildet. 



Früherkennung


Die Arbeitsgruppen der SGH haben zum Ziel, relevante hydrogeologische Themen frühzeitig aufzugreifen und zu koordinieren. Über ihre Laufzeit erarbeiten sie an Aktualität und Bedarf ausgerichtete Zusammenstellungen bzw. Standpunkte, welche einen vertieften Diskurs ermöglichen und einen substantiellen Beitrag zu Problemlösungen leisten sollen. So werden etwa in den derzeit aktiven Arbeitsgruppen die gesellschaftliche Bedeutung einer gesamtheitlichen und intersektoriellen Bewirtschaftung des Grundwassers herausgestellt, die Beschaffung und Aufbereitung von Grundlagendaten für die Modellierung analysiert sowie Entwicklungen in der Mikrobiologie aufgegriffen. Mit einer weiteren Arbeitsgruppe sollen zudem die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Nutzung und des Schutzes der Grundwasservorkommen – insbesondere als Trinkwasserressource – angegangen werden. 



Ethik


Die SGH ist Mitglied des Swiss Water Partnership SWP, einer Plattform des humanitären und Entwicklungssektors, auf der Fachleute aus dem akademischen, privaten und öffentlichen Bereich sowie von Nichtregierungsorganisationen hinsichtlich der Wasserthematik in Verbindung treten. Es ist im Eigeninteresse und erscheint moralische Pflicht, wasserarme Länder bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen im Bereich (Grund)wasser mit Wissen und Lösungsansätzen zu unterstützen. Hauptziele des SWP sind der Austausch von Erfahrungen sowie eine verbesserte Koordination der Aktivitäten im Wassersektor, um sicherzustellen, dass von der in der Schweiz vorhandenen Expertise auf internationaler Ebene profitiert werden kann.



Dialog mit der Gesellschaft


Grundwasser bildet die Ressource für 80% der Trinkwasserversorgung des Landes und ist damit von höchster gesellschaftlicher Relevanz. Die SGH äussert sich regelmässig im Zusammenhang mit Anhörungen und Vernehmlassungen zu Richtlinien und Gesetzen, welche das Grundwasser oder die Arbeit als Hydrogeologe betreffen, bzw. nimmt zu technischen und gesellschaftlichen Fragen mit Bezug zum Grundwasser Stellung. Der Austausch mit den Fachgesellschaften der Nachbardisziplinen erfolgt fortlaufend, ebenso wie die Koordination im Rahmen des SCNAT sowie mit dem Berufsverband der Geologen CHGeol. Auch wird die neugestaltete Homepage der SGH zu einer breiteren Kommunikation mit der Fachöffentlichkeit beitragen können.  

Vor dem Hintergrund der genannten Herausforderungen bei der Nutzung des Grundwassers als Trinkwasserressource erstellt die SGH derzeit ein Strategiepapier, welches die Möglichkeit bietet, die Positionierung der Schweizer Hydrogeologinnen und Hydrogeologen fachlich und im gesellschaftlichen Kontext zu diskutieren.