Jahresbericht 2020 für

SGH/SSH/SSI: Schweizerische Gesellschaft für Hydrogeologie


Präsident/Präsidentin: Michael Sinreich

Von: Michael Sinreich, michael.sinreich@bafu.admin.ch

Zusammenfassung


Die Schweizerische Gesellschaft für Hydrogeologie SGH als Fachvereinigung mit über 300 Mitgliedern versteht sich auf dem Gebiet der Hydrogeologie als Bindeglied zwischen Wissenschaftlern, Praktikern und Behördenmitgliedern. Ein wesentliches Element ist dabei die Auseinandersetzung mit den aktuellen relevanten Fragestellungen im Bereich Grundwasser und deren Bezug zur Praxis. Derzeit werden im Rahmen von vier Arbeitsgruppen die Themen Grundwasser als Element im integralen Wassermanagement, Grundlagendaten für Grundwassermodelle, Mikrobiologie im Grundwasser sowie Schutz und Nutzung der Grundwasservorkommen behandelt.

 

Letztgenannte Arbeitsgruppe wurde in 2020 gegründet, um die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit mit Trockenheit sowie der aktuellen Problematik von Pflanzenschutzmittel-Metaboliten im Trinkwasser aufzubereiten und die sich daraus ergebenden multiplen Herausforderungen für die Hydrogeologie aufzuzeigen. Solche Entwicklungen können innert kurzer Zeit zu weitreichenden Umwälzungen führen. Aus hydrogeologischer Sicht gilt es, kurz- und mittelfristig Optionen zur Sicherstellung der Nutzung der Grundwasserressourcen zu erarbeiten und aus der aktuellen Situation längerfristig Lehren für den Schutz des Grundwassers zu ziehen.



Publikationen


Insbesondere ausgehend von Schlussfolgerungen und Resultaten der Arbeitsgruppen werden in unregelmässigen Abständen wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht. Entsprechende Ausarbeitungen fliessen auch in Anleitungen und Praxishilfen des Bundes ein.  



Tagungen / Kurse


Die SGH richtet jährlich eine Tagung zu einem übergeordneten Grundwasserthema aus, an der bis zu etwa 100 Personen teilnehmen. Während die Generalversammlung der SGH in 2020 turnusgemäss als virtuelle Veranstaltung stattfinden konnte, musste die Jahrestagung mit der Thematik „Grundwasserressourcen im Wandel“ infolge der Pandemiesituation auf 2021 verlegt werden. 

 

Stattdessen wurde – ebenfalls online – ein Workshop zu den aktuellen Herausforderungen, welche sich derzeit aus dem vielfältigen Wandel ergeben, abgehalten. Im Vordergrund standen die Herausforderungen im Bereich Grundwasserqualität – mit Schwerpunkt auf persistenten Verbindungen – sowie der Umgang mit Trockenheit und dem zunehmenden Wasserbedarf für die Bewässerung. Die Schlussfolgerungen fliessen in die Überlegungen der Arbeitsgruppen ein und dienen als Grundlage für die weitere Ausrichtung der SGH.

 

Am Swiss Geoscience Meeting 2020 war die SGH Co-Organisator der Symposien „Hydrology and Hydrogeology“ sowie „Geoscience and Geoinformation - From data acquisition to modelling and visualization“.



Internationale Aktivitäten


Die SGH bildet das Schweizerische nationale Komitee der International Association of Hydrogeologists IAH. In diesem Zusammenhang konnte sie ihre Funktion im internationalen Austausch sowie bei der Lobbyarbeit für Grundwasserthemen und der Vertretung der Interessen von Hydrogeologen erfüllen.

 

Die SGH bewirbt sich derzeit um die Organisation eines zukünftigen IAH-Kongresses, der wichtigsten internationalen Veranstaltung in der Hydrogeologie. In 2020 wurden diese Aktivitäten mit Fokus auf eine Ausrichtung in 2024 intensiviert. Damit gehen eine vertiefte Vernetzung und internationale Sichtbarkeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in der Hydrogeologie einher.



Nachwuchsförderung


Die SGH vergibt zur Förderung junger Berufsanfänger jährlich einen Hydrogeologie-Preis für eine qualitativ hochstehende Abschlussarbeit. Eingereicht werden können an Schweizer Hochschulen angefertigte Master- oder Bachelorarbeiten auf dem Gebiet des Grundwassers. Sie sollen sich durch innovative Ansätze, interessante Anwendungen oder auch wichtige Erkenntnisse für die Hydrogeologie in der Schweiz auszeichnen.

 

In 2020 wurde der Hydrogeologie-Preis ex aequo an zwei Masterarbeiten verliehen. Raphaël Farine hat sein Studium am Centre d’hydrogéologie et de géothermie der Universität Neuchâtel mit der Arbeit „Etude du rôle des dépôts du Quaternaire sur la vulnérabilité des eaux souterraines karstiques à la Côte-aux-Fées (NE)“ abgeschlossen, Sibylle Lacroix verfasste ihre Arbeit mit dem Titel „Hydrogeological factors controlling baseflow recession constants“ am Geologischen Institut der ETHZ. Die Dotierung wurde zwischen den beiden Preisträgern aufgeteilt.



Forschungsunterstützende Informations- und Koordinationsaufgaben


Im Rahmen der Meldestelle InfoTracer koordiniert, zentralisiert und archiviert das Bundesamt für Umwelt BAFU Informationen zu Markierversuchen im Grundwasser der Schweiz. Seit der Initiierung und Inbetriebnahme von InfoTracer in Zusammenarbeit mit der SGH wurden über 10.000 Markierversuche gemeldet und in der Datenbank erfasst. Auch in 2020 wurden wieder knapp 300 Tracereingaben bearbeitet.

 

Die SGH ist Mitglied des 2020 gegründeten Schweizer Grundwasser Netzwerks CH-GNet. Damit steht ein neu geschaffenes Gremium zur Koordination und Förderung praxisorientierter Forschung in der Schweiz zur Verfügung. Es sollen wissenschaftliche Fakten zusammengetragen und durch Identifizierung von grundwasserrelevanten Problemen sowie durch mögliche Lösungsansätze eine stark praxisorientierte Forschung erreicht werden, als Dienstleitung des CH-GNet an der Gesellschaft.



Früherkennung


Die Arbeitsgruppen der SGH haben zum Ziel, relevante hydrogeologische Themen frühzeitig aufzugreifen und zu koordinieren. Über ihre Laufzeit erarbeiten sie an Aktualität und Bedarf ausgerichtete Zusammenstellungen bzw. Standpunkte, welche einen vertieften Diskurs ermöglichen und einen substantiellen Beitrag zu Problemlösungen leisten sollen. So werden etwa in den derzeit aktiven Arbeitsgruppen die gesellschaftliche Bedeutung einer gesamtheitlichen und intersektoriellen Bewirtschaftung des Grundwassers herausgestellt, die Beschaffung und Aufbereitung von Grundlagendaten für die Modellierung analysiert sowie Entwicklungen in der Mikrobiologie aufgegriffen. Mit einer weiteren, in 2020 gegründeten Arbeitsgruppe sollen zudem die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Nutzung und des Schutzes der Grundwasservorkommen – insbesondere als Trinkwasserressource – angegangen werden.

 

Eine in 2020 lancierte Umfrage unter den Mitgliedern hatte zum Ziel, die verschiedenen Sichtweisen der Akteure zu aktuellen Themen im Grundwasserbereich einholen und somit die strategische Positionierung der SGH zu stärken. Insgesamt zeigte die Auswertung des detaillierten Fragebogens, dass die intensive Landnutzung in der Schweiz – überlagert durch den Klimawandel – zu zahlreichen Herausforderungen im Grundwasserschutz und der Grundwassernutzung führen, die mit den aktuellen Ansätzen nicht voll bewältigt werden können. Die SGH wird sich deshalb weiterhin diesem Themenbereich widmen, unter anderem an der kommenden Jahrestagung und im Rahmen der neuen Arbeitsgruppe. 

 



Ethik


Die SGH ist Mitglied des Swiss Water Partnership SWP, einer Plattform des humanitären und Entwicklungssektors, auf der Fachleute aus dem akademischen, privaten und öffentlichen Bereich sowie von Nichtregierungsorganisationen hinsichtlich der Wasserthematik in Verbindung treten. Es ist im Eigeninteresse und erscheint moralische Pflicht, wasserarme Länder bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen im Bereich (Grund)wasser mit Wissen und Lösungsansätzen zu unterstützen. Hauptziele des SWP sind der Austausch von Erfahrungen sowie eine verbesserte Koordination der Aktivitäten im Wassersektor, um sicherzustellen, dass von der in der Schweiz vorhandenen Expertise auf internationaler Ebene profitiert werden kann.



Dialog mit der Gesellschaft


Grundwasser bildet die Ressource für 80% der Trinkwasserversorgung des Landes und ist damit von höchster gesellschaftlicher Relevanz. Die SGH äussert sich regelmässig im Zusammenhang mit Anhörungen und Vernehmlassungen zu Richtlinien und Gesetzen, welche das Grundwasser oder die Arbeit als Hydrogeologe betreffen, bzw. nimmt zu technischen und gesellschaftlichen Fragen mit Bezug zum Grundwasser Stellung. Der Austausch mit den Fachgesellschaften der Nachbardisziplinen erfolgt fortlaufend, ebenso wie die Koordination im Rahmen des SCNAT sowie mit dem Berufsverband der Geologen CHGeol. Auch wird die neugestaltete Homepage der SGH zu einer breiteren Kommunikation mit der Fachöffentlichkeit beitragen können. 

 

Vor dem Hintergrund der genannten Herausforderungen bei der Nutzung des Grundwassers als Trinkwasserressource hat die SGH beschlossen, ein Strategiepapier zu verfassen, welches die Möglichkeit bietet, die Positionierung der Schweizer Hydrogeologinnen und Hydrogeologen fachlich und im gesellschaftlichen Kontext zu diskutieren.