Jahresbericht 2020 für

NGZH: Naturforschende Gesellschaft in Zürich


Präsident/Präsidentin: Fritz Gassmann

Von: Fritz Gassmann (Präsident NGZH), gassmann@bluewin.ch

Zusammenfassung


Das Jahr 2020 wurde geprägt durch die COVID-19 Pandemie. Für unsere Gesellschaft bedeutete dies der Verzicht auf Vorträge, Exkursionen und den Bäächtelistag 2021. Es konnte nur die Hauptversammlung im Juni und eine Vorstandsitzung im Oktober durchgeführt werden. Nicht betroffen wurden lediglich die Publikationen (Vierteljahrsschrift und Neujahrsblatt). 



Publikationen


2020 sind vier Hefte der Vierteljahrsschrift Jg. 165 erschienen. Jedes Heft mit 24 farbigen Seiten umfasst im vorderen Teil Themen der Forschung für interessierte Laien sowie im hinteren Teil ein Bulletin mit Programmen, Buchbesprechungen, Nachrufen, Archivschätzen und mehr. Die Inhalte betrafen folgende Themen:

Titelgeschichten:

- Was kommt nach den Gletschern? – Klimawandel (Wilfried Haeberli, ehem. Univ. Zürich)

- Von der Tierschau zum Naturschutzzentrum – Zürcher Zoo (Alex Rübel, Zoodirektor)

- Elemente, Moleküle und Viren in Abwasser und Klärschlamm (Walter Giger, ehem. ETHZ und EAWAG)

- Johannes Gessner als Pflanzensammler – Restaurierung der Herbarien (Nicolas Rothe et al., Leiter des Atelier Rothe, Bern)

Portraits der Wissenschaftsjournalistin Susanne Haller-Brem:

- Expertin für genetisch bedingte Krankheiten (Anita Rauch, Univ. Zürich)

- Deutschschweizer Weinbau in die Zukunft bringen (Sieghard Vaja, Leiter Weinbauzentrum Wädenswil)

- Fische um Turbinen herumleiten (MitarbeiterInnen von VAW/ETH und EAWAG)

Physik im Alltag von Fritz Gassmann, ehem. PSI:

- Piezoelemente – versteckte Heinzelmännchen

- Touchscreen – Computer reagieren auf Berührung

- Hall-Sonden – unverzichtbar in vielen Alltagsgeräten

COVID-19 Epidemie in der Schweiz:

- Die Corona-Krise aus der Sicht der Virologie (Martin Schwyzer, ehem. Univ. Zürich)

- Mathematische Modelle für die Corona-Epidemie (Fritz Gassmann, ehem. PSI)

- Wie kam es zur zweiten COVID-19-Welle in der Schweiz? (Fritz Gassmann, ehem. PSI)

Diverse:

- In die tiefen Abgründe der Weltmeere (Stefan Ungricht, ETHZ)

- Forschen statt feiern – Jubiläum 140 Jahre EMPA (Martin Schwyzer, ehem. Univ. Zürich)

Bulletin:

- HV 2020 im Zoo Zürich (Martin Schwyzer, ehem. Univ. Zürich)

- In Memoriam: Jean-Pierre Blaser – ein inspirierender Visionär (Fritz Gassmann, ehem. PSI)

- Aus dem Archiv: Die Physik gilt auch ausserhalb des Sonnensystems (Fritz Gassmann, ehem. PSI)

- Oswald Heer-Preis (Conradin A. Burga, ehem. Univ. Zürich)

- Buchbesprechungen von Mitgliedern des Vorstandes NGZH:
  Können tote Tiere reden? (Popischil A. 2018)
  Symbiosen in unseren Wäldern, Wiesen und Mooren (
  Richard R. Ernst – ein aussergewöhnlicher Forscher (Autobiografie 2020)
- Buchbesprechung von Paul Michel (ehem. Univ. Zürich):
  Nahbeziehungen eines europäischen Gelehrten – J. J. Scheuchzer (Bulinsky D. 2020)

 

Im 72-seitigen Neujahrsblatt auf das Jahr 2021 behandeln die beiden Chemiker Felix Zelder der Universität Zürich und Bernhard Kräutler der Universität Innsbruck die Geschichte des Vitamins B12. Vitamin B12-Mangel forderte im 19. Jh. viele Todesopfer.  Die erste Beschreibung der tödlich verlaufenden „Blutarmut“ stammt vom schottischen Arzt James Combe 1824. Anschliessend wurde ein Zusammenhang der sonderbaren Krankheit mit der Ernährung gefunden und eine erste teilweise erfolgreiche Therapie entwickelt, die im Verzehr grosser Mengen Leber bestand. Lebendig schildert Felix Zelder den schwierigen Prozess bis zur Erkenntnis, dass ein „intrinsischer Faktor“ (heute nennen wir ihn Vitamin B12) die entscheidende Rolle spielen musste. 1948 gelang es erstmals, Vitamin B12 aus Naturstoffen zu isolieren. Mit einer beeindruckenden Leistung über rund zwei Jahrzehnte gelang es danach den Forschungsgruppen um A. Eschenmoser (ETH Zürich) und R. B. Woodward (Harvard Univ., USA), das komplexe Molekül zu analysieren und in synthetisierbare Teile zu zerlegen. Bernhard Kräutler zeigt den verschlungenen Weg zur Erkenntnis der Struktur und Felix Zelder erklärt die schliesslich 1972 gefundene erste Totalsynthese von Vitamin B12. Letzterer gibt auch einen Einblick in heutige Untersuchungen, die zeigen, dass Vitamin B12-Derivate eventuell auch nutzbringend zur Bekämpfung von Demenz und Parkinson verwendet werden könnten.



Tagungen / Kurse


Die Hauptversammlung vom 22. Juni 2020 fand im Zoo Zürich statt und war sehr gut besucht. Dazu beigetragen hat die Entspannung der epidemiologischen Lage im Sommer und auch der Umstand, dass sich nacheinander der scheidende Zoodirektor Alex Rübel verabschiedete und sein Nachfolger Severin Dressen sich vorstellte. 



Forschungsunterstützende Informations- und Koordinationsaufgaben


Alle NGZH-Publikationen seit 1746 sind digitalisiert und eine Volltextsuche erlaubt das Auffinden jedes Themas. Dieses wertvolle Archiv erfreut sich weltweiter Zugriffe mit hoher Frequenz.



Dialog mit der Gesellschaft


Neuausrichtung der NGZH 

Der NGZH-Präsident benutzte die durch die Absage der Veranstaltungen frei gewordene Zeit zur Diskussion eines zentralen Problems unserer Gesellschaft: dem sozialen Wandel der vergangenen 2 bis 3 Jahrzehnte und der daraus folgende Mitgliederschwund. 

Eine erste Sitzung einer entsprechenden Arbeitsgruppe des Vorstandes unter der Leitung von  Fritz Gassmann (Präsident) hat am 7. Juli 2020 folgende Ergebnisse erzielt: Eine an Matthias Erzinger (u&me projekte gmbh, Winterthur) in Auftrag gegebene externe Studie für mögliche Entwicklungen der NGZH wurde diskutiert, jedoch stiess keine der darin vorgeschlagenen Varianten auf genügend Zustimmung. Das von Fritz Gassmann angestrebte Ziel, das 275-Jahr Jubiläum als Start für eine neu ausgerichtete NGZH zu benutzen, wurde abgelehnt. Sein Vorschlag zur Einreichung eines entsprechenden Jubiläumsprojektes bei der SCNAT bis zum 24. August wurde von der Arbeitsgruppe nicht unterstützt. Die Arbeitsgruppe möchte einen eigenen Antrag an den Gesamtvorstand entwickeln. Zu diesem Zweck wurde dem Präsidenten die Aufgabe übertragen, an einer nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe ein mögliches Szenario vorzustellen, das diskutiert werden kann. 

An der zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe vom 22. Sept. 2020 wurde ein Vorschlag an den Vorstand ausgearbeitet, der folgende 5 Punkte umfasste, die in der Vorstandsitzung vom 12. Oktober 2020 angenommen wurden:


1. Ziele der NGZH:
Die NGZH setzt sich zum Ziel, naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Denkweisen zu verbreiten. Sie sieht sich als Vermittlerin zwischen der Wissenschaft und der naturwissenschaftlich interessierten Öffentlichkeit und unterstützt den Dialog zwischen den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen. 

Die NGZH berichtet über neue wissenschaftliche Erkenntnisse, vermittelt Hintergrundwissen und zeigt auf, wie Wissenschaft funktioniert und was Wissenschaft zu leisten vermag. 

Die NGZH setzt für ihre Aufgaben verschiedene bestehende und neue Gefässe ein: Vierteljahrsschrift, Neujahrsblatt, Vortragsreihe, Exkursionen und neue soziale Medien. Sie entwickelt insbesondere auch Formate, die Basiswissen vermitteln, Zusammenhänge erklären und Diskussionen ermöglichen. 

Die NGZH sieht sich nicht im Dienst der Forschungsinstitutionen, sondern versteht sich als neutrale Instanz, die auch kritische Fragen zum Wissenschaftsbetrieb stellt und kontroverse Themen aufgreift.


2: Zielgruppen der NGZH:
Es soll kein einschneidender Wandel stattfinden, um sprunghafte Veränderungen zu vermeiden, die die bisherigen Mitglieder befremden würden und auch keine Garantie ergäben, dass genügend neue Mitglieder mit unterschiedlichem Profil rekrutiert werden könnten. Die Zielgruppen bleiben deshalb unverändert.


3. Jugendpreis:
Der Jugendpreis und das Science Dinner werden aufgegeben, da Mittelschüler und Mittelschülerinnen nicht zur Zielgruppe gehören. Ausserdem bestehen zur Motivation für gute Maturaarbeiten weitere entsprechende Preise.


4. Nutzung von sozialen Medien und Homepage:
Die NGZH soll in sozialen Plattformen präsent sein mit folgenden Zielen:

Werbung für Vorträge und Artikel

Bekanntheit der Gesellschaft fördern

Vernetzung von Mitgliedern

Verbindung zu Studierenden fördern

Bereits im Dezember konnte René Oetterli als Beauftragter für soziale Medien in den Vorstand der NGZH aufgenommen werden, der mit Facebook und Instagram am 1.1.2021 startete.


5. Engagement von Studierenden innerhalb der NGZH:
Eng mit der Nutzung von sozialen Medien ist ein möglicher Einbezug von Studierenden verknüpft für folgende Bereiche:

einzelne Artikel oder Gestaltung eines ganzen Hefts der Vierteljahrsschrift

Mitwirkung in unserer Vortragsreihe

Unterstützung für Social Media, Betreuung unserer Webseite

Einsitz in unserem Vorstand

Mitwirkung bei Exkursionen

Ein erster Versuch wird die Nummer 4 der Vierteljahrsschrift 2021 sein, die durch Studierende gestaltet werden soll, die durch die Schweizerische Studienstiftung unterstützt werden.