Jahresbericht 2019 für

Forum Biodiversität Schweiz


Präsident/Präsidentin: Florian Altermatt

Von: Daniela Pauli, daniela.pauli@scnat.ch

Zusammenfassung


1. WISSEN: STÄRKUNG DER FORSCHUNG UND AUSBAU DER WISSENSBASIS

HOTSPOT 40/19 Insekten im Fokus der Forschung 

Insekten sind zurzeit immer wieder in den Schlagzeilen. Nicht etwa, weil sie auch lästig und schädlich sein können, sondern weil sie massenweise verschwinden. Dabei sind nur wenige Insektengruppen so gut untersucht wie die Tagfalter und die Bienen; bei den meisten Gruppen sind weder genaue Artenzahlen noch allfällige Gefährdungen der Arten bekannt. Die HOTSPOT-Ausgabe vom Herbst 2019 widmet sich deshalb den Insekten in der Forschung. Das Heft betreibt Imagepflege in zweierlei Hinsicht: Einerseits für die Entomologie als faszinierendes und vielfältiges Forschungsgebiet, andererseits für den fantastischen Reichtum an Arten, Formen, Farben und Lebensweisen der Insekten selber. Diese Ausgabe war ein Riesenerfolg. Sie wurde auch an verschiedene Entomologische Gesellschaften verschickt, zahlreiche Personen haben den HOTSPOT neu abonniert.

Zum HOTSPOT: www.biodiversity.ch/hotspot

 

2. UMSETZUNG: AUFBEREITUNG VON WISSEN, WISSENSTRANSFER, DIALOG 

Globales IPBES-Assessment

In seinem Bericht zur globalen Situation der Biodiversität und der Ökosystemleistungen vom Mai 2019 warnte IPBES vor dem drastisch beschleunigten Artensterben. Der dramatische Zustand der Natur hat enorme Konsequenzen für die menschliche Existenz. So sind 14 von 18 Leistungen der Natur wie Bestäubung oder saubere Luft am Schwinden. 150 Autorinnen und Autoren haben den 1700 Seiten starken Bericht verfasst. Dieser stützt sich auf 15'000 publizierte Studien und wurde durch über 15'000 Kommentare von Forschenden und Regierungen verbessert und geschärft. 

BAFU und Forum Biodiversität organisierten zusammen die Medienarbeit: erstens im Vorfeld mit einer Medienkonferenz, zweitens direkt aus den IPBES-Verhandlungen und drittens mit einer Medienkonferenz, an der die Verabschiedung des Berichts live übertragen wurde. Das Medienecho war riesig: Praktisch alle Schweizer Medien nahmen die Ergebnisse in die Berichterstattung auf. Unter anderem gab es 9 TV- Sendungen, mehrere Radiobeiträge und mindestens 30 Zeitungsartikel in allen wichtigen Tages- und Wochenzeitungen, die ausführlich darüber berichteten. Insgesamt zählten wir in der Woche nach der Veröffentlichung 142 Beiträge.

Zum globalen Bericht: ipbes.net/global-assessment-report-biodiversity-ecosystem-services 

 

Biodiversität im Siedlungsgebiet 

In den letzten Jahren wurde in der Schweiz sehr viel gebaut. Wertvolle Lebensräume werden verbaut, in vielen Städten findet eine starke Verdichtung der Quartiere statt und im ländlichen Raum entstehen neue Einfamilienhausquartiere. Dies ist nicht nur für die Pflanzen und Tiere ein Problem, welche ihren Lebensraum verlieren, sondern auch für die dort ansässigen Menschen. Naturnahe Flächen bieten Raum für Erholung und Gesundheit, sie sind wichtig für die Entwicklung der Kinder und mindern zudem die negativen Auswirkungen des Klimawandels.

Das Forum Biodiversität hat nun zusammen mit Partnern das gross angelegte Projekt «Siedlungsnatur gemeinsam gestalten» gestartet, mit dem Ziel, mehr und qualitativ bessere Biodiversitätsflächen im Siedlungsraum zu schaffen. Dabei werden gezielt die Faktoren angegangen, die bisher verhindert haben, dass die Förderung der Biodiversität beim Planen, Bauen und beim Unterhalt adäquat berücksichtigt wird. Das Projekt wird durch verschiedene externe Partner ? darunter die Bundesämter für Umwelt, Raumentwicklung, Wohnungswesen und Gesundheit ? finanziert und läuft über mehrere Jahre. Inzwischen sind ebenfalls drei Pilote gesichert: mit der Heimstätten-Genossenschaft Winterthur, mit der Christoph Merian Stiftung in Basel und mit der Abteilung Immobilien im Kanton Aargau (IMAG). Zwei weitere Pilote sollen 2020 lanciert werden: einer mit einer Gemeinde in der Romandie, und einer mit einem Immobilienentwickler.

 

3. KOMMUNIKATION: INFORMATION UND SENSIBILISIERUNG VON POLITIK UND BEVÖLKERUNG

SWIFCOB 19: «Biodiversität erzählen»

In der Schweiz existiert ein grosses und gut informiertes Netzwerk von Forschenden und Fachleuten aus Verwaltung und Praxis mit Bezug zum Thema Biodiversität. Wie aber lassen sich weitere Kreise der Bevölkerung für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt gewinnen? Diese Frage stand im Zentrum der Tagung «Biodiversität erzählen» vom 8. Februar 2019 an der UniS in Bern, die das Forum Biodiversität Schweiz durchführte. Unterstützt wurde die Tagung von den Bundesämtern BAFU und BLW. In den inspirierenden Referaten, Workshops und Diskussionsrunden erfuhren die Teilnehmenden, wie es gelingen kann, die Herzen der Menschen zu berühren und sie für einen sorgfältigen Umgang mit der Natur zu motivieren. Nämlich: Indem sich Fachleute nicht länger darauf beschränken, Fakten zu vermitteln, sondern selber auch packende Geschichten erzählen und Emotionen wecken. Der Anlass war ausgebucht: Rund 230 Personen nahmen teil, gut weitere 50 mussten vertröstet werden.

Bericht und Referate: www.biodiversity.ch/swifcob

 

Faktenblatt «Insektenschwund in der Schweiz und mögliche Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft»

Der grossflächige Insektenrückgang in den vergangenen Jahrzehnten ist wissenschaftlich breit dokumentiert. Die nationalen Roten Listen zeigen, dass auch in der Schweiz ein grosser Teil der Insektenarten gefährdet ist. Besonders dramatisch ist die Situation für die Insekten des Landwirtschaftsgebietes und der Gewässer, zeigt das Faktenblatt Insekten des Forum Biodiversität Schweiz vom 12. April 2019. Die Hauptursachen für den Rückgang sind gut bekannt: Die intensive Landnutzung mit ihrem grossen Einsatz von Pestiziden und Düngern, die fehlenden Strukturen in der Landschaft, die Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung und die Lichtverschmutzung. Um den Insektenschwund aufzuhalten und die damit verbundenen Risiken möglichst gering zu halten, ist es nun besonders dringlich, die bekannten Ursachen für die Rückgänge anzugehen.

Zum Faktenblatt: naturwissenschaften.ch/organisations/biodiversity/publications/other_publications

 

HOTSPOT 39/19 Biodiversität im Alltag

Biodiversität ist allgegenwärtig: Sie steckt nicht nur in Wald und Garten, sondern auch in den Töpfchen und Tuben im Badezimmerschrank, in Lebensmitteln, in Kleidern und Möbeln, auf uns und in uns. Die Ausgabe des Magazins HOTSPOT des Forum Biodiversität vom Mai 2019 zeigte, wo wir der Biodiversität im Alltag offensichtlich oder im Verborgenen begegnen und wie die Wahrnehmung von Biodiversität mit unseren Wertvorstellungen zusammenhängt. 

Zum HOTSPOT: www.biodiversity.ch/hotspot

 

ParlamentarierInnentreffen zu IPBES und den Konsequenzen für die Schweiz

Zusammen mit der Parlamentarischen Gruppe für Biodiversität und Artenschutz organisierte das Forum Biodiversität am 18. Juni 2019 ein ParlamentarierInnentreffen zu den Ergebnissen des globalen IPBES-Berichts und den Konsequenzen für die Schweiz. Referierende: Markus Fischer, Universität Bern; José Romero, BAFU; Florian Altermatt, Universität Zürich und Eawag, Präsident des Forums. Die anwesenden ParlamentarierInnen zeigten sich sehr interessiert und diskutierten rege. Am Treffen zeigte es sich, dass es wertvoll wäre, die Relevanz der IPBES-Handlungsoptionen für die Schweiz zu prüfen. Das Forum Biodiversität Schweiz hat diese Aufgabe nun übernommen; die Ergebnisse sollen 2020 vorliegen.

 

Factsheet «Biodiversität: Eine Garantie für Gesundheit?» 

Eine natürliche oder naturnahe Umgebung hat in vielerlei Hinsicht positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Dies bedeutet, dass eine natürliche Umgebung auch helfen kann, Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu bewältigen. Zu diesen gehören etwa Fettleibigkeit, gewisse chronische, infektiöse und nicht übertragbare Krankheiten, Depressionen und Angstzustände, aber auch Kindesentwicklung und kognitives Altern. Das erhebliche präventive und therapeutische Potenzial der Biodiversität ist zurzeit aber noch weitgehend ungenutzt.

Das zeigt die Analyse wissenschaftlicher Studien, deren Ergebnisse Ende Oktober 2019 als Factsheet der Akademien erschienen ist. Um jeder Person Kontakt und Zugang zu hochwertiger Natur zu ermöglichen, empfehlen die Autorinnen und Autoren, die Entwicklung und Erhaltung von Grünflächen und Naturlandschaften mit reicher biologischer Vielfalt zu verstärken. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit auf lokaler und nationaler Ebene zwischen öffentlichem Gesundheitswesen, Siedlungsentwicklung, Raumplanung und Naturschutz erforderlich. Parallel dazu gilt es, das Wissen über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und biologischer Vielfalt durch inter- und transdisziplinäre Forschung auszubauen.

Zum Factsheet: https://naturwissenschaften.ch/organisations/biodiversity/publications/factsheet

 

Der vollständige Tätigkeitsbericht des Forums Biodiversität 2019 mit den Highlights in Deutsch und Französisch ist hier aufgeschaltet:

https://naturwissenschaften.ch/organisations/biodiversity/portrait/mission_incl_strategy_