Jahresbericht 2017 für

Euler-Kommission der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz


Präsident/Präsidentin: Prof. Hanspeter Kraft

Von: Hanspeter Kraft, hanspeter.kraft@unibas.ch

Zusammenfassung


Präsentation und Vernissage von Band IVA/7 der Opera Omnia von Leonhard Euler am 17. November 2017 in der Alten Universität Basel

Erste Ergebnisse der digitalen Editionsplattform (BEOL); bevorstehende digitale Veröffentlichung des Briefwechsels von Euler mit Goldbach.

 



Publikationen


Andreas Kleinert. Hundert Jahre russisch-schweizerische Zusammenarbeit bei der EULER-Gesamtausgabe. In: Deutsch-russische Zusammenarbeit wissenschaftlicher und kultureller Institutionen vom 18. zum 20. Jahrhundert, hrsg. von Ingrid Kästner und Michael Schippan. Europäische Wissenschaftsbeziehungen Band 14, Shaker Verlag, Aachen, 2017, S. 213-224

Siegfried Bodenmann, Vanja Hug, Miriana Ilic, Andreas Kleinert. Briefwechsel von Leonhard Euler mit Korrespondenten in der Romandie und in England, Leonhardi Euleri Opera Omnia, vol. IVA/7. Birkhäuser Basel.

Fritz Nagel. Leibniz-Briefe in Basel. Handschriftliche Textzeugen ausserhalb des Bernoulli-Briefcorpus. In: Gädeke, Nora/Wenchao Li (Hg), Leibniz in Latenz. Überlieferung als Rezeption (1716-1740) = Studia Leibnitiana, Sonderheft 50, Stuttgart 2017, S. 47-62.

Martin Mattmüller. Jacob Bernoulli (1654-1705) - ein grosser Mathematiker aus dem Boden der Basler Kirche. In: Im Geiste der Reformation. Porträts aus Basel 1517-2017 (ed. Luzius Müller). Theologischer Verlag Zürich, 2017.

 

Bemerkung zur digitalen Publikation der Euler-Werke: 

Im Zusammenhang mit der Präsentation von Bänden auf edoc haben die zuständigen Mitarbeiter der UB Basel angeboten, im Rahmen der Verfügbarkeit freier Geräte-Kapazitäten auch ältere Bände der Euler-Edition zu scannen und aufzuschalten. Wir müssen dafür die Rechtslage mit dem Verlag absichern, Prioritäten setzen, die technische Weiter-Verwendbarkeit für BEOL sicherstellen (BEZ/DHLab) und Exemplare für das Scanning liefern.



Tagungen / Kurse


Die Vernissage von Band IVA/7 am 17.11.2017 in der Alten Universität Basel präsentierte zwei schöne Vorträge:

Dr. Thierry Joffredo (Nancy): "Recherches épineuses" sur les courbes algébriques dans la correspondance entre Leonhard Euler et Gabriel Cramer,

Dr. Vanja Hug (Basel): Streifzüge durch die Korrespondenz zwischen Leonhard Euler und Johann Caspar Wettstein

Sie fand ein interessiertes Publikum, auch von weit her. Der Generalredaktor Prof. Dr. Andreas Kleinert blickt auf die lange und labyrinthische Genese des Bandes zurück und zieht den Schluss, dass die Suche nach voll kompetenten Bearbeitern und die kontinuierliche Begutachtung des Geleisteten durch die Redaktion (unabhängig vom Medium der abschliessenden Publikation) konsequent wahrgenommen werden muss, um die Qualitätsstandards der Edition zu halten.



Internationale Aktivitäten


In der längere Zeit blockierten Kooperation der Euler-Edition mit der Meta-Datenbank Early Modern Letters Online (EMLO) in Oxford sind Fortschritte zu verzeichnen: viele der vom BEZ abgelieferten Informationen zu den Euler-Briefen sind mittlerweile in die Formulare von EMLO eingearbeitet, und es ist absehbar, dass zumindest eine substantielle Tranche davon im kommenden Sommer öffentlich verfügbar gemacht werden kann.



Nachwuchsförderung


Der Weiterbildungskurs der Mathematiklehrer-Verbände vom Herbst 2016 im Tessin hat zu zwei Maturarbeiten (zu Eulers Polyederformel und zu kubischen Kurven bei Jacob Bernoulli) Anlass gegeben, die mit Hilfe des BEZ unter der Leitung von A. Pellegrinelli am Gymnasium Breganzona entstehen.

Im Rahmen der PR-Aktivitäten des BEZ sind weiterhin einige Führungen für Schulen, aber auch zur Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften zu verzeichnen.



Forschungsunterstützende Informations- und Koordinationsaufgaben


Mit dem Druck der letzten vier Bände kommt die seit über einem Jahrhundert laufende Tätigkeit der Euler-Edition zu einem Ende, oder besser: zum Übergang in eine neue Phase mit veränderter Publikationsform. Im Zentrum der Zukunftsplanung - und damit auch der weiteren Bemühungen um Eulers Lebenswerk - steht die "virtuelle Forschungsumgebung" Bernoulli-Euler OnLine (BEOL) für die Edition und Dokumentation von Quellenbeständen zu den exakten Naturwissenschaften der frühen Neuzeit. Diese modular aufgebaute Plattform wird die Vorteile der digitalen Präsentation nutzen: zunächst bezüglich der universellen, kostengünstigen Verfügbarkeit, dann aber auch mit wesentlich erweiterten Recherchemöglichkeiten, übergreifenden Indices, flexiblen Darstellungsformen, internen und externen Vernetzungen und Angeboten zur weltweiten Kooperation mit Experten verschiedenster Fachgebiete. Die erste Phase der Umsetzung dieses Grossprojekts, welches das BEZ zusammen mit dem Digital Humanities Lab der Uni Basel betreibt, ist seit Sommer 2016 angelaufen und macht gute Fortschritte.

Der Übergang von einer gedruckten zu einer Online-Edition der Euler-Werke, die auf BEOL präsentiert wird, ist zur Zeit intensiv in Planung: die beiden ersten Teilprojekte - eine digitale Version des Briefwechsels Euler-Goldbach und die bisher bearbeiteten Teile der Basler Edition der Bernoulli-Briefwechsel (BEBB) - werden im März auf einer Beta-Version der Plattform veröffentlicht, Jacob Bernoullis Meditationes folgen zum Abschluss der ersten Projektphase 2019.

Die technische und personelle Infrastruktur, mit der BEOL dauerhaft betrieben und laufend erweitert werden soll, ist in Planung, aber noch nicht gesichert. Digitalisierte Fassungen der anderen neuen Briefbände, erste Korrespondenzen, die nicht mehr im Druck erscheinen (s.u.), sowie längerfristig Digitalisate aller älteren Euler-Bände sind ebenfalls für BEOL vorgesehen; die dafür notwendige Programmumgebung ist jedoch noch nicht komplett verfügbar, und vor allem stehen noch kaum Personalmittel für die Übernahme dieses reichhaltigen Materials bereit.

Wenn die bisherige Qualität der Edition gehalten werden soll, wird der Arbeitsaufwand für redaktionelle Kontrolle, Vereinheitlichung und technische Umsetzung - etwa der Register - gegenüber der Aufbereitung für den Druck kaum wesentlich zu reduzieren sein. Zur Erprobung der neuen Verfahren würden sich die Korrespondenzen Eulers mit Condorcet, Lacaille und Lalande eignen, die von den beauftragten Bearbeitern schon vor längerer Zeit der Redaktion eingereicht worden sind. Es ist geplant, dass Dr. Vanja Hug zunächst für die Condorcet-Korrespondenz mit der redaktionellen Aufbereitung einer publizierbaren Fassung zu beauftragen. Wie das genau technisch gemacht werden soll (Verwendung von TeX- oder XML-Software, mit dem Gesamtprojekt kompatible Indexroutinen etc.) und wieviel Aufwand zu erwarten ist, wurde inzwischen von V. Hug und den Mitarbeitenden von BEZ und DHLab unter Mitwirkung von H. Kraft und A. Kleinert abgeklärt. Mittel in begrenztem Umfang stehen aus dem Redaktionsfonds der Series IVA und aus den SCNAT-Beiträgen an Digitalisierungsprojekte zur Verfügung.

Um keine Möglichkeiten zu verbauen, ist parallel zur Präsentation auf BEOL eine separate "druck-analoge" Fassung der Korrespondenz anzustreben, die zunächst als PDF auf edoc zum Download aufgeschaltet und eventuell längerfristig mit anderen Korrespondenzen zu einem druckfähigen Band zusammengebaut werden kann.



Dialog mit der Gesellschaft


Vortragsreihe durch an der Volskhochschule beider Basel.

Wie Euler und die Bernoulli unsere Welt prägen - Basler Mathematik in den Fundamenten der Gegenwart

Das 17. und 18. Jahrhundert war eine Zeit grundlegender Innovationen in der Mathematik und den exakten Naturwissenschaften; und eine Gruppe von Wissenschaftern aus Basel - die bedeutendsten von ihnen waren die Brüder Jacob und Johann Bernoulli, Johanns Sohn Daniel und sein Schüler Leonhard Euler - haben diese Entwicklung wesentlich mitgestaltet. Wenn wir heute im Internet einkaufen oder für Altersrenten sparen, wenn unsere Autos weniger Treibstoff brauchen und unsere Computerchips immer kleiner werden, wenn Flugzeuge abheben und Weltraumsonden zum Saturn fliegen: überall ist im Hintergrund Bernoullische und Eulersche Mathematik am Werk.

In sechs Vorträgen aus ganz unterschiedlichen Gebieten soll gezeigt werden, wie unscheinbar der Weg zu diesen gewichtigen Anwendungen begonnen hat: mit der Suche nach der schnellsten "Gluggerbahn", mit Wetten auf Würfel und Karten, mit der zweckfreien Betrachtung von Primzahlen oder mit der Aufstellung von Soldaten zur Parade. Die Theorien und Techniken, die sich aus solchen simplen Fragestellungen entwickelt haben, bereichern unsere Gegenwart und Zukunft nachhaltig.

Hanspeter Kraft (24. Oktober 2017): Leonhard Euler und die moderne Mathematik. Was hat er uns heute noch zu sagen?

Martin Mattmüller (31. Oktober 2017): Kann man das Ungewisse berechnen? Jacob Bernoullis "Kunst des Mutmassens" und die schwere Geburt der Stochastik.

Fritz Nagel (7. November 2017): Johann Bernoulli und seine Korrespondenten. Ein Streifzug durch ein "Internet" des 18. Jahrhunderts.

Hans-Christoph Im Hof (14. November 2017): Johann Bernoulli und die "Analyse des infiniment petits". Zur Vorgeschichte des ersten Lehrbuchs der Infinitesimalrechnung.

Hans Walser (21. November 2017): Das Problem der Unordnung. Von Eulers Offiziersproblem zu magischen Quadraten.

Rita Gautschy (28. November 2017): Die "grosse Ungleichheit". Wenn Jupiter und Saturn sich gegenseitig stören.